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Vierte Periode 1522—H?4u.
Durch fremde Emissarien aufgewiegelt, drangen die Ianitscharen mit Unge-
stüm auf Krieg. Vergebens verlangten die Ulema's / daß der Ablauf des
zwanzigjährigen Waffenstillstandes abgewartet werde, um nicht durch einen
Bruch desselben die Rache des Himmels herab zu rufen. Der neue Groß-
wesir , KaraMustapha, ein Caramanier von niedriger Herkunft, mit
dem berühmten Hause Köpr i l l verschwägert, hatte den unseligen Ehr-
geitz, durch eigene Thaten den Heldenglanz der aus diesem Hause ent-
sprungenen Großwesire verdunkeln zu wollen / obgleich seine Talente den
ihrigen gar nicht verwandt waren. Die Fahne des Propheten müsse, so
meinte er, ihren Schatten, gleich den Römischen Adlern, über den ganzen
Erdboden ausbreiten. Mit dem Gedanken an Rom verband er jenen der
zwei Hälften desselben, des morgenländischen und abendländischen Kaiser-
thums. Letzteres als eine Belohnung seiner Dienste zu erringen, schien ihm
nicht zu hoch. Deutschland, erschöpft durch die Schwedischen und Französi-
schen Kriege, unter sich nicht einig, jetzt wieder aufs neue bedroht durch die
großen Feldherren Ludwig's XIV., sah er schon als eine sichere Beute an.
Bei diesem ungezähmten Ehrgcitze war er zugleich so habsüchtig, daß die
fremden Gesandten jede einzelne Audienz bei ihm oder dem Großherrn um
schweres Gelb erkaufen mußren. Gewandtheit, List und selbst persönliche Ta-
pferkeit sprachen ihm übrigens auch seine Feinde nicht ab.
Vergeblich sandte der Kaiser den Grafen Caprara, nach Con-
siantinopel, durch billige Friedensanträge dem Ausbruche des Krieges
zuvorzukommen. Der Diva» setzte ihm ganz ungereimte Forderungen
entgegen: «Oesterreich soll Tribut bezahlen, die Gränzfestungen schleifen,
Ungarn zwischen der Theiß und Waag abtreten. Tököly soll Fürst Ober-
Ungarns werden, Naab, Komorn,Sza»hmar, Murany, Trentschin, Neutra
bekommen.« Caprara sah vor seinen Augen das Kriegszeichen, den Roß-
schweif, ausstecken. Drei Monathe mußte er warten mit dem Begehren,
vor den Großherrn gelassen zu werden, und man verstattete ihm nicht
einmahl, einen Courier nach Wien zu senden. Einige seiner Bedienten,
die verkleidet zu Schiffe entkamen, und über Venedig Wien erreichten,
brachten die Kunde mit, es sey kein Friede mehr, und nur von nach«
drücklicher Rüstung Heil zn erwarten.
Zwar erhielten des Kaisers Abgeordnete von dem Könige Jo-
hann III. von Pohlen', der dem Kujavischen Heldcnhausc der
Sobieski angehörte, von dem Churfürsten Marimi l ian Gma»
nuel von Baiern,
dem Enkel des berühmten Stifters der katholischen Liga im dreißigjährigen
Kriege,
und von dem Churfürsten Johann Georg III. von Sachsen,
dem Enkel jenes I oh ann Georg's, der einst dem Großvater Leopold's
gegen die Rebellen in Böhmen treulich Hilfe geleistet hatte,
wiederhohlte Zusagen ausgiebiger Hilfe an Geld und Volk; aber
280,000 Mann brachen schon unter txm Großweslr Kara Musta-
pha von Constantinopel auf, und Caprara, des Kaisers Fricdens-
bothe, mußte diesen Zug begleiten, damit seine Erzählung auch in
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494