Seite - 334 - in Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
Bild der Seite - 334 -
Text der Seite - 334 -
224 Vierte Periode «22—l?4o.
hatte, mußten die Einwohner auf Befehl des Generals Montclas selbst
die Festungswerke abtragen, und öffentliche wie Prwalhäuser durch Minen
in die Luft sprengen helfen. Weil dieß Alles noch zu langsam ging, so ward
endlich der Rest der hall, vecschüttetcn Stadt durch die Flamme vertilgt
(5. März). Dasselbe Schicksal traf hiernächst die schönen Städte Offcnburg,
Kreuznach, Labenburg, Oppenheim, Gcrnsheim, Wachenheim, Bretten,
Bruchsal, Frankenthal, Alzcy, Rochsheim, Pforzheim, Baden, Naftadt,
Kuppenheim, Stollhofen und unzählige kleinere Orte und Dörfer, die alle
dem Erdboden gleich gemacht, und deren Einwohner, nachdem die entsitt-
lichten Scharen Ludwig's XIV. viehische Gräuel an ihnen verübt hatten,
zu Bettlern gemacht wurden. Nicht einmal die Flucht nach einem andern
Orte ward ihnen gestattet, außer wenn sie in das Französische Gebieth wan-
dern wollten. Das härteste Schicksal erfuhren die alten Reichsstädte Speier
und Worms. Neide hatten sich im vorigen Herbst auf die Bedingungen er-
geben , daß Rath und Bürgerschaft in ihren Geschäften und Rechten unange-
tastet bleiben, und nur einige hundert Mann auf Französische Kosten als Be-
satzung in ihren Mauern bleiben sollten. Man hatte ihnen diese Zusage auf
das heiligste bekräftigt, aber nur um sie desto sicherer zu hintergehen. Die
Zahl der eingelegten Truppen wurde bis auf das Sechsfache erhöht, und an
Vergütung der Unterhaltungskosten ward nicht gedacht. Noch mehr, die
Einwohner wurden ohne Ausnahme gezwungen, die Summen, die sie in
Holland, Köln, Frankfurt, Nürnberg oder in andern Staaten, mit denen
sich Frankreich im Kriege befand, schuldig waren, auf das gewissenhafteste
anzugeben, und an die Französische Kriegscasse zu bezahlen. Im Februar
mußten sie, wie die Manheimer, ihre eigenen Festungswerte zerstören helfen.
Hierauf wurden die Zeughäuser erbrochen, alles Geschütz nach Landau ge-
führt, und was man nicht fortschleppen konnte, in den Rhein versenkt. Bei
schwerer Strafe mußten die Einwohner alle Kurnvorräthe, ihren letzten Trost
bei der vorauszusehenden Hungersnoth, nach Philippsburg zur Unterhaltung
der dortigen Französischen Besatzung ausliefern. Von Speier, wo damals
noch das Reichskammcrgericht war, wurden die Acten desselben, sammt den
Eassen, eingepackt und nach Lanbau geführt. Und nun, da die Einwohner
mit größtem Gehorsam sieben Monathe lang sich Allem unterworfen hatten,
was nur die härteste Willkllhr verlangen konnte, und nichts als der Tod
ihnen noch übrig schien, ward ihnen am 22. Mai 16W angekündigt, Lud-
wig's Interesse erfordere es, die Städte Worms und Spcier ganz von der
Erde zu vertilgen, doch solle es den Bürgern erlaubt seyn, sich nach den zu-
nächst gelegenen Französischen Städten zu retten. Die bebenden Einwohner
suchten wenigstens eine Milderung ihres Schicksals vo» diesen Unmenschen
zu erflehen, aber Alles, was sie erlangen konnten, waren einige hundert
Wagen, die man ihnen zum Fortschaffen ihrer wenigen noch übrigen Habe
überließ. Die meisten derselben wurden mit den bisher noch verborgenen
Lebensmitteln beladen, welches die Franzosen nicht sobald merkten, als sie
ihnen dieselben auch noch wegnahmen, und so die Unglücklichen, die vor ei-
nem Jahre noch in Wohlstand und Ansehen gelebt hatten, in brot- und hei-
mathlose Vertriebene verwandelten. Darauf wurden, auf ein gegebenes
Zeichen, beide Städte in Brand gesteckt (Speier den 21. Mai, Worms den
g. Juni 1689), und in wenigen Stunden in zwei große Aschenhaufen ver-
wandelt. In Worms blieb nur der Dom verschont. Sechs Wochen hinter
einander beschäftigten sich hiernuf die Mordbrenner mit Durchsuchung der
Keller und Gewölb«, worin sie Beute mancherlei Art fanden. Sogar die
Begräbnisse wurden erbrochen, und die Todten ihres Schmuckes beraubt.
In dem gleichfalls verwüsteten Dome zu Speier fanden die Räuber in den
Gräbern der alten Kaiser zwei silberne Särge, öffnete» sie, streuten die
Gebeine auf den Boden umher, und schafften die Sarge nebst den darin ge-
fundenen Kostbarkeiten fort. So erneuerte Ludwig XIV. im siebzehnten
Jahrhunderte die Schreckcnstage des Att i la.
Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Titel
- Geschichte des Österreichischen Kaiserstaates
- Autor
- Leopold Haßler
- Verlag
- Ignaz Klang
- Ort
- Wien
- Datum
- 1842
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 12.31 x 20.0 cm
- Seiten
- 532
- Schlagwörter
- Babenberger, Habsburger, Monarchie
- Kategorien
- Geschichte Vor 1918
Inhaltsverzeichnis
- Vorwort III
- Einleitung IX
- Vorgeschichte (Jahr X - 984 nach Chr.) 1
- Erste Periode (983-1246) 19
- Zweite Periode (1246-1283) 65
- Dritte Periode (1283-1522) 80
- Haus Habsburg 80
- Albrecht I. 81
- Friedrich der Schöne 89
- Albrecht II. und Otto der Fröhliche 99
- Herzogtum Kärnten 104
- Rudolph IV. 105
- Tirol 108
- Albrecht III. und Leopold III. 109
- Albrecht IV. 116
- Albrecht V. (Albrecht II.) 117
- Ladislaus Posthumus 123
- Wilhelm d. Freundliche/Leopold IV./Friedrich IV./Ernst der Eiserene 129
- Friedrich V. (Friedrich IV.)/Albrecht VI. 134
- Maximilian I. 153
- Karl V. und Ferdinand I. 168
- Literatur 169
- Anhang 172
- Vierte Periode (1522-1740) 221
- Fünfte Periode (1740-1838) 378
- Sach-/Namensregister 494