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549âZeitfigurenâ
1913/1930 âam gesellschaftlichen Schachbrettâ
trotz wachsender zeitlicher Entfernung vom Kriegsende eher zu- als abnahm.
Mit Blick auf Ăsterreich hat der Historiker Ernst Hanisch festgestellt :
Die hohe Gewaltbereitschaft an der Basis, der Aufbau von SelbstschutzverbÀnden
vertieften die Kluft zwischen den Lagern. Die politischen Eliten konnten immer we-
niger einen Konsens finden. Die Sprache in der öffentlichen Auseinandersetzung ra-
dikalisierte sich, je mehr Ăffentlichkeit, vor allem parteiinterne Ăffentlichkeit, desto
rauher und roher wurde der Stil der Auseinandersetzung.642
Die verschiedenen gewaltbereiten Gruppierungen verÀnderten im Lauf der
Jahre zwar ihre soziale Zusammensetzung, ihre Ideologie und ihre Methoden,
doch bewahrte die bipolare Lagerbildung zwischen ârechtsâ und âlinksâ nach
der Inkubationsphase eine starke KontinuitÀt :
Das Grundgeflecht der Gewalt lĂ€Ăt jeweils eine bestimmte Konfliktfiguration erken-
nen. WÀhrend der österreichischen Revolution bildete sich das Gewaltdreieck Links-
radikale â sozialdemokratische Arbeiterschaft â BĂŒrgertum heraus. In der Stabilisie-
rungsphase [von 1920 bis 1926, N. C. W.] reduzierte sich das Dreieck auf den Konflikt
sozialdemokratischer Arbeiterschaft versus BĂŒrgertum. In der darauffolgenden Phase,
von 1928 bis 1932, waren Heimwehr und [Republikanischer] Schutzbund die ent-
scheidenden Konfliktgegner, bis dann die Heimwehr von den militanten National-
sozialisten abgelöst wurde und das âstĂ€ndestaatlicheâ Machtpotential, in der letzten
Phase, gegen den Nationalsozialismus antrat.643
FĂŒr die bis dahin beispiellosen Gewaltexzesse nennt die Geschichtsschreibung
unterschiedliche GrĂŒnde :
Der hohe Gewaltpegel war zum einen Ausdruck einer tiefgreifenden Militarisierung
der Gesellschaft, der Lust am Soldatenspiel, der Lust an Uniformen, der Lust an
642 Hanisch : Der lange Schatten des Staates, S. 286 ; vgl. ebd., S. 287 : âBereits vor dem doppelten
BĂŒrgerkrieg des Jahres 1934, also vom 12. November 1918 bis zum 11. Februar 1934, wurden
aus politischen GrĂŒnden 217 Menschen getötet und 642 schwer verletzt, wobei die Linke die
meisten Opfer zu beklagen hatte.â
643 Ebd., S. 287. Mehr und Genaueres zur Geschichte der rechten Heimwehren findet sich ebd.,
S. 289 f., zu der des linken Republikanischen Schutzbunds ebd., S. 291. Vgl. auch die kompa-
rative Darstellung von McLoughlin : Heimwehr und Schutzbund ; daneben Pollak : Aktions-
soziologie im intellektuellen Feld, S. 267 f. Zur Radikalisierung ab 1930, die vor allem von
den Nationalsozialisten betrieben und von der Sozialdemokratie ab Mitte 1932 entsprechend
beantwortet wurde, vgl. Bauer : Die kalkulierte Eskalation.
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Buch Kakanien als Gesellschaftskonstruktion - Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts"
Kakanien als Gesellschaftskonstruktion
Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts
- Titel
- Kakanien als Gesellschaftskonstruktion
- Untertitel
- Robert Musils Sozioanalyse des 20. Jahrhunderts
- Autor
- Norbert Christian Wolf
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2011
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78740-2
- Abmessungen
- 15.5 x 23.0 cm
- Seiten
- 1224
- Schlagwörter
- Robert Musil, The Man without Qualities, modern novel, sociology of the novel, Pierre Bourdieu, cultural history
- Kategorie
- Geisteswissenschaften
Inhaltsverzeichnis
- Vorbemerkung 9
- Einleitung 11
- TEIL I : GRUNDLEGUNG
- TEIL II : ROMANTEXT ALS KRĂFTEFELD
- 1. âVersuchsstation des Weltuntergangsâ : Chronotopos und sozialer Raum 261
- 2. âZeitfigurenâ 1913/1930 âam gesellschaftlichen Schachbrettâ : Kapitalausstattung und Habitusbildung 328
- Erben und Enterbte 344
- Ulrich, Mann ohne Eigenschaften ) â Der Dilettant Walter 347
- Mann mit Eigenschaften 378
- Eigenschaftslosigkeit aus Marginalisierung : Ulrichs Alter Ego Moosbrugger 392
- Der moderne Industrielle : Ulrichs Gegenspieler Arnheim 409
- Adel und modernerKonservativismus : Ulrichs Inversion Leinsdorf 457
- Aufsteiger und Gebremste 482
- Realpolitik als âAntiessayismusâ : Der FunktionĂ€r Tuzzi (489) â Zur sozialen Erzeugung von Eigenschaften : Leo Fischel, Liberaler und âJudeâ 501
- Ein trojanisches Pferd des MilitÀrs : General Stumm von Bordwehr 523
- Terroristen und Propheten 548
- Forcierte âEigenschaftlichkeitâ : Der Antisemit Hans Sepp 558
- eingast, Faschist und Schwerenöter 584
- Der selbstbewusste Proletarier und junge Sozialist SchmeiĂer 601
- Friedel Feuermaul, Pazifist aus dem âGeiste des Expressionismusâ 613
- Gefallene Geliebte 643
- Zerrissener Zusammenhang, perspektivische Verschiebung : Ulrichs Geliebte Leona 649
- Petrifizierte âEigenschaftlichkeitâ, Macht des Faktischen : Ulrichs Geliebte Bonadea 659
- Leidende an einer geheimnisvollen Zeitkrankheit 672
- Wahnsinn als Methode : Clarisse 676
- Die frustrierte Ehefrau Klementine Fischel 694
- Ein gespaltener Habitus : Gerda Fischel 698
- Angepasste und Dissidentinnen 708
- Diotima, Frau mit Eigenschaften 712
- Agathe, Frau ohne Eigenschaften 737
- 3. âDie falschen zwischenmenschlichen Vereinigungen unserer Gesellschaftâ : Konstellationen und Interaktionen 768
- Ehen in der Krise 781
- Erosion der GeschlechteridentitĂ€ten : Die âTrĂ€ger des Zeit- wandelsâ Walter und Clarisse 788
- Von der physiologischen âZwangsherrschaftâ zur wissenschaftlichen EhefĂŒhrung : Diotima und Tuzzi 799
- Das schleichende Eindringen des Politischen ins Private : Leo und Klementine Fischel 809
- Unordentliche VerhÀltnisse, Geschlechterkampf 817
- Der Intellektuelle und die Kontrafaktur der âschönen Seeleâ : Ulrich und Bonadea 825
- Coitus interruptus als âLustselbstmordâ : Ulrich und Gerda 844
- Liebesversuche jenseits der Ehe 885
- Ulrichs frĂŒhes Einheitserlebnis 894
- Die verbindende Kraft des Antisemitismus : Gerda Fischel und Hans Sepp 902
- Liebe Ă la hausse, platonische âBegegnung zweier Berggipfelâ : Diotima und Arnheim 908
- Die âletzte Liebesgeschichteâ als Experiment der Androgynie : Ulrich und Agathe 928
- 3.2 Gleichgeschlechtliche Konstellationen : Moderne MĂ€nnerbeziehungen 998
- Konkurrenz um Prinzipien und Menschen 1000
- Reviermarkierungen im Kampf um eine Frau : Tuzzi gegen Arnheim, PreuĂen gegen Ăsterreich 1005
- Der Intellektuelle und der GroĂschriftsteller als Versucher : Ulrich gegen Arnheim 1014
- Ideologische Gegnerschaften, Klassenkampf 1059
- Entgegengesetzte âExponenten des Zeitgeistesâ : Hans Sepp und Feuer maul 1063
- BildungsbĂŒrger contra KleinbĂŒrger : Ulrich und Hans Sepp 1078
- BildungsbĂŒrger contra Proletarier : Ulrich und SchmeiĂer 1086
- TEIL III : ERZEUGUNGSFORMEL DES WERKS UND SELBSTOBJEKTIVIERUNG DES AUTORS
- Literaturverzeichnis 1169
- Musil-Texte 1169
- Andere Quellen 1169
- Nachschlagewerke 1176
- Allgemeine Forschungsliteratur 1176
- SekundÀrliteratur zu Musil 1193
- Register 1208