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46 KAPITEL1. VORFAHREN
Geschliffenheit und ironisch-boshafte Raffinesse, dieman sonst von einem Schreinermei-
ster eher nicht erwarten könnte. Auch wenn er sich bei der Formulierung vielleicht hat
helfen lassen, erscheinen mir Dokumente wie dieses als weitere Evidenz für meine oa.
These. Politisch hat er sich später nichtmehr engagiert, ist jedoch wohl pflicht- und
zeitgemäßund im Interesse seinesUnternehmens 1937 in dieNSDAPeingetreten.Die
Entnazifizierung nachKriegsendewar jedoch in seinemFall problemlos.
DerwirtschaftlicheErfolg derFabrik ermöglichte nicht nur derenbeständigenweiteren
Ausbau über ein großes Areal hinweg; er führte auch zur Investition in weiterenGrund-
und Immobilienbesitz bzw. inBauvorhaben inGeorgensgmünd,RothundNürnberg.Da-
bei wurde auch jedes seiner Kinder fair bedachtmit Abstrichen bei der unverheirateten
Lisl, worauf ich auf S.95 später noch zu sprechen komme.Mutmaßlich hat meineMut-
ter bei der Heirat eine schöneMitgift bekommen, die für den anschließenden Hauskauf
sehr gelegen kam,wenn sie dennwirklich geflossen ist. Auch der jüngste SohnWilly, der
als Drogist eine eigene Karriere aufbaute, erhielt für die Eröffnung seiner Drogerien in
Ingolstadt undMünchen finanzielleUnterstützungen.
Eine dominante Persönlichkeit wie mein Großvater fordert natürlich irgendwie auch
Opfer. In der Familie war das vor allem meine Großmutter. Es ist zu vermuten, daß
sie ihremMann bei dessen Dynamik nicht wirklich gewachsen war, auch wenn sich die
beidenmutmaßlich durchaus gut verstanden haben. Hinzu kam bei ihr eine auch unter
ihren Schwestern beispielsweise bei der immer in Tränen stehenden Tante Anna
erkennbarepsychischeAnfälligkeit. Jedenfalls erkrankte sieAnfangderdreißiger Jahre
mutmaßlich imZusammenhangmitdemEintritt insKlimakterium anDepression,kam
1934 zurKurnachBadKohlgrubund1935nachBadWörishofen.Ein längerer gemeinsa-
merUrlaubmit ihremMannwäre angesichts der damaligenmedizinischenMöglichkeiten
vielleichtwirksamergewesen, ließ sichangesichts seinerberuflichenÜberlastungaberwohl
nie realisieren. Selbst ihre neue 1935 ihr zugewachsene Rolle als Großmutter der ersten
EnkelinAnnelore hat ihre psychischeVerfassungnicht verbessern können.DieBilder aus
jener Zeit zeigen eine tief-depressive Person.113 Sie nahm sich am 13.4.1936 das Leben
durchErhängen inderFabrik (oberhalbdesMaschinenraums).Eswarwohl fürLeonhard
ein Schlag, von dem er sich psychisch nie mehr ganz erholt hatte. Seinen umtriebigen
Unternehmungen hat dies aber keinenAbbruch getan.
Die Spuren der dominanten Persönlichkeit Leonhard Riegelbauer sind auch bei den-
jenigen seiner Kinder deutlich zu erkennen, die sich aus seinem direkten Einflußbereich
113Schon das Verlobungsbildmeiner Eltern (FAHB1, S.28) zeigt sie mit einer für einen solchen Anlaß
erschreckend düsteren Miene. Allerdings gibt es (im Besitz von Annelore) auch ein Bild ua. mit der
Enkelin, auf dem sie einen durchaus glücklichenEindruckmacht.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427