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96 KAPITEL2. KINDHEIT
besonders. Ebenso beliebt beimir war der immer gut gelaunte LeonhardWittmann, der
mit demMagirus Lastwagen die Möbel ausfuhr und mich oft auf solchen Fahrten mit-
genommen hat. Abgesehen von diesen kostenlosen Tagesreisen in die weitere Umgebung
waren diese Fahrten wegen der vielenWittmannschen Späße eine besondere Freude für
mich. Meister Alfons Hausmann war dagegen immer ein wenig grimmig, aber doch nie
wirklich unfreundlich zu mir. Später wurde ihm in seiner Funktion als verantwortlicher
Schreiner der sympathischeMeister Franz Schimpl an die Seite gestellt. Natürlich faszi-
nierten die vielenMaschinen, die zumTeil über lange Lederriemen angetriebenwurden,
derenRollen angenehmeundwaberndeKlänge erzeugten.Beeindruckendwaren auchdie
großenHaufenvonSägemehl,mit denen (neben anderemBrennmaterial) eineDampfma-
schine zur Stromerzeugung befeuert wurde. Auch in dieser bemerkenswertenAnlage zur
Energieerzeugung zeigte sich die erstaunlicheWeitsicht meines Großvaters, von der im
Abschnitt 1.2.2 schon ausführlich dieRedewar.Denndie darin zumAusdruck gebrachte
Nachhaltigkeit derVerwendungdesAbfallproduktes SägespäneundSägemehl gleichwie-
der zur Stromerzeugung bereits in der Zeit vor dem zweitenWeltkrieg dürfte unter den
damaligenFabriken sicher eine selteneAusnahme gewesen sein.
Ich hatte bei derCharakterisierungder beidenBrüderFritz undLoni ebenfalls imAb-
schnitt 1.2.2 schon auf die unangemessen gelösteNachfolgerregelung und auf sich daraus
ergebendeFührungsschwächen in derFirmaRiegelbauer derNachkriegszeit hingewiesen.
Die daraus resultierendenBeeinträchtigungen in Bezug auf eine optimale Fertigung und
Vermarktung waren eigentlich schon zu der Zeit ersichtlich, von der ich hier bislang ge-
sprochen habe, also schon zwanzig Jahre vor derAbwicklung der Firma.
Es gab beispielsweise einenMaschinenraum amKopf desOsttrakts sowie weitereMa-
schinen weiter unten imWesttrakt, der die eigentliche Schreinerei bildete. Wie oft sah
man Beschäftigte auf dem Dutzende vonMetern langenWeg zwischen beiden Zentren
über denHofmit Teilen unter demArmhin- und herlaufen. Daswar in derAnlage von
einerdurchdachtenFließbandfertigungnochmeilenweitentfernt,wie sieHenryFordschon
1913 eingeführt hatte.92 Fürmich als Knabenwar das vorteilhaft, waren diese Spazier-
gänge derMitarbeiter doch immer eineGelegenheit zumkurzenPlausch.
Betriebswirtschaftlichwaren diese aus denVorkriegsjahren überkommeneAusprägung
des unternehmerischen Betriebsablaufs ebenso wie viele weitere Aspekte der Fertigung,
Vermarktung undMarktforschung nicht mehr zeitgemäß. Zu einer (spätestens ab 1970
erforderlichen) Umstellung auf CNC-Verfahren und Büromodernisierung fehlte meinen
Onkeln jegliches Knowhow. Nur durch den kriegsbedingt unermeßlichen Nachholbedarf
92http://de.wikipedia.org/wiki/Fließbandfertigung.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427