Seite - 114 - in Reflexionen vor Reflexen - Memoiren eines Forschers
Bild der Seite - 114 -
Text der Seite - 114 -
114 KAPITEL2. KINDHEIT
ren.Nurderdamalsnoch sogenannte Neubau konnte relativ raschwieder einigermaßen
hergerichtetwerden, reichte abermit seinen sechsKlassenzimmern für einen ordentlichen
Schulbetriebbeiweitemnichtaus.Deshalbkonnte ich es alsbesonderesGlückempfinden,
daß ausgerechnet zumeinemEintritt am Schuljahresanfang 1949 derWiederaufbau des
sogenannten Altbaus (Melanchtonbau) abgeschlossenwurde.113
Zu jener Zeit konnte man nun nicht einfach ins Gymnasium überwechseln, sondern
mußteerst einedortabsolvierteAufnahmeprüfungerfolgreichbestehen.EinedunkleErin-
nerungandiesemehrstündige schriftlichePrüfung in einemgrößerenRaumist inmeinem
Gedächtnis noch ohne irgendeine emotionale Färbung vorhanden. Ich habe sie damals
einfach absolviert und offenbar auch gut bestanden. Jedenfalls ging mein Schulweg ab
Herbst 1949 nun in die Innere Laufer Gasse zu dem dortigen Schulgebäude neben der
ausgebombtenRuine derKirche St. Egidien.
UnterdenvierParallelklassen1a 1dwurde ichderKlasse 1cnach irgendeinemschulin-
ternenVerfahren zugeteilt.114Diese umfaßte lautKlassenbild115 38Schüler, darunter drei
Mädchen. Unser Klaßleiter war Herr Studienprofessor Dr. Hans Ueberschaer, ein gebil-
deter, väterlich gütigerMann, den derKrieg ausOstpreußen nachNürnberg verschlagen
hatte. Er unterrichtete uns zumindest inErdkunde,was ihmermöglichte, uns seineOrts-
kenntnissederHeimatanderOstseebesonders einprägsamundausführlichstnahezubrin-
gen, denn nur von diesem Stoff ist mir aus seinem Unterricht der ersten beiden Jahre
etwasKonkreteres imGedächtnis verblieben.116
UnserKlassenzimmerbefandsichnachmeinerErinnerung imParterredesMelanchton-
baus amEgidienplatzundzwar indemFlügelmitdenFensternnachSüdenhinRichtung
InnereLauferGasse.Wegender anhaltendenRaumnot fandderUnterricht imSchichtbe-
trieb, also abwechselnd anVor- oder Nachmittagen und damals auch noch an Samstag-
113WaltherKluge, DerWiederaufbau des Realgymnasiums. In: 100 Jahre RealgymnasiumNürnberg
Jubiläumsschrift, Nürnberg, 1964, S.44-53.
VonnunanwurdedervormaligeAltbaualsNeubauunddervormaligeNeubaualsAltbauapostrophiert,
einerRegelung, der sich auch der folgendeText anpaßt.
114NachderheuteüblichenZählunghandelt es sichum fünfteKlassen. Ichbleibe inmeiner Schilderung
bei der damals üblichenZählung.
115FAWB2, S.49.
116Im Jahresbericht des Realgymnasiums von 1953/54 sind seine Fächer mit D,G,P, also wahrschein-
lich Deutsch, Geschichte und Religion (weil P wohl für Pfarrer auch bei allen Religionslehrern
angegeben ist). Sein Einsatz als Erdkundelehrer war dahermutmaßlich eineNotmaßnahme, die aus der
Nachkriegssituation zu erklären ist. Vielleicht unterrichtete er uns auch inDeutsch, währendGeschichte
erst imdrittenGymnasialjahr unterrichtetwurde.
Psychologisch und pädagogisch interessant ist der tiefe Eindruck inmeinemGedächtnis, der von seiner
Heimatschilderung verblieben ist.DieEmpathie ist beiKindern sicher schon sehr stark ausgeprägt.Des-
halb fandendiesebei ihmmutmaßlich starkemotional geprägtenSchilderungenüber seineHeimatwie im
Text erwähnt bei mir einen besonderen und unvergessenenWiderhall, während sonst überhaupt nichts
von seinemUnterricht verblieben ist.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427