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2.5. BEGINNDERGYMNASIALZEIT 117
schlechter als 2. Vielmehr bereitete mir das FachMathematik unabhängig vom Lehrer
währendmeiner gesamten Schulzeit nie irgendwelcheProbleme.
EingroßväterlichgütigerMannwarunserReligionslehrer,KirchenratHermannGalste-
rer.Mit Du armesWürmlein begegnete er demdisziplinlosenVerhalten eines Schülers,
womit er unseren Flausen sofort denWind aus den Segeln nahm. Das Fach Turnen bei
StudienprofessorGeorgWeihmannertrug ichdamals noch leidlich.MeinenProdukten im
Fach Kunst (Studienrat Fritz Kugler), die ich bis heute aufbewahrt habe, fehlte unver-
kennbareinegrößereSorgfalt imDetail.Vielleicht lagdieswiebeiderSchriftauchaneiner
mangelndenBeherrschungderFeinmotorik inmeinenArmenundHänden.FürFarbkom-
positionen hatte ich aber von Anfang an ein gutes Auge. Interessanterweise finden sich
unter denBildernAbbildungen ausGeorgensgmünd.
InMusikhatte ichdurchwegdiebestmöglicheBewertung.Auchheutenochunverständ-
lich istmirumsomehr,daßausgerechnetunserdurchausbeliebterMusiklehrer,Studienrat
Karl Ruisinger, eines Tages so wütend über ein Grinsen vonmir wurde, daß er mir da-
für einen Direktoratsverweis119 verpassen wollte. Ob diese Absicht dann wirklich in die
Tat umgesetztwurde, habe ich vergessen.Wie ich schon vorher ich erinnere an die in
denAbschnitten 2.3.2 und 2.4 beschriebenenGrobheiten und vor allem auch nachher
immerwieder erlebenmußte, kann irgendetwas anmir andereMenschen außerordentlich
reizen, ohne daßmir das selbst bewußt würde. Vielleicht habe ich in jener Unterrichts-
stunde nur an etwas völlig Unterrichtsfremdes gedacht undmußte darüber grinsen, was
dieser emotionaleMusiker dann reflexartig, aber fälschlicherweise auf seinePersonbezog.
Hierin könnte die Erklärung für dieses mein Leben durchziehende Phänomen liegen,
das ich zuEhren jenesMannesdasRuisinger-Phänomen nennenmöchte.Niemandhat es
gernenichtbeachtet zuwerden,wenn ihmAchtunggebührt.Redner,Lehrer,Professoren,
sie alle werden irritiert, wenn Zuhörer sie ignorieren und untereinander schwätzen oder
vor sich hin träumen. Der beste Zuhörer erscheint ihnen einer, der mit wachen, auf sie
gerichteten Augen durch ständiges Nicken seine uneingeschränkte Aufmerksamkeit und
Zustimmungvorgibt. IndiesemSinnebin ich immereinschlechterZuhörergewesen, selbst
oder gerade wenn ich aufmerksambei der Sachewar.Denn dieVerarbeitung jeder
inhaltsträchtigenAussage kostet einem reflektiv eingestelltenKopf Zeit zurVerarbeitung
undzwarzuvielZeit,umauchdennächstenSatzdannnochrichtigmitzukriegen.So führt
der reflektierendeZuhörer einvonderRedeunabhängiges geistigesEigenlebenundgenau
dadurchentstehtdanneinZwiespalt zwischenRednerundZuhörer,dervon jedemRedner
119DieHierarchiederBestrafungsmaßnahmenbestandaufsteigendaus:Nachsitzen,Verweis,Arrest (bei-
desmit einemBrief desLehrers andieEltern),Direktoratsverweis, -arrest (beidesmit einemBrief andie
Eltern vomSchuldirektor), Verweis von der Schule.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427