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2.5. BEGINNDERGYMNASIALZEIT 119
schen bereits der vierte Klassenverband, dem ich angehörte. Es verwundert daher nicht,
daß ichdie allermeistenmeiner vorherigenKameradenundKameradinnenvöllig ausdem
Gedächtnis und aus denAugen verloren habe. Insoweit es wenigeAusnahmen gibt, sind
Verbindungenzudiesenerst späterneugeknüpftworden.DernunabergebildeteVerband
wurde siebenJahre langdurchviele gemeinsameErlebnisse zusammengeschweißtundhat
seine dadurch gewachsenen Bindungen bis heute erhalten. Die Herkunft derMitschüler,
die erstaunlicherweise in den Jahresberichten in Formdes väterlichenBerufes angegeben
wurde, war reine bürgerlicheMittelschicht ohneAusschläge, weder nach oben noch nach
unten, innerhalb der Mittelschicht aber weitgestreut. Sie hat unter uns Schülern nach
meinerWahrnehmung überhaupt keineRolle gespielt. Aus heutiger Sicht kannman fest-
stellen, daß alle diese Schüler in ihremweiteren Leben in dieser Schicht verblieben sind,
wiederumkeine besonderenAusschläge nach oben oder unten.
Wir erhielten in der neuen Klasse in vielen Fächern auch andere Lehrer, was infolge
dieservielenWechseldasVerblassenderErinnerungauchandieLehrer erklärt,wovon ich
schonweiter obengesprochenhabe.VonnunankamenzudemdiebeidenFächerEnglisch
undGeschichteneuhinzu.MeineLeistungenwarennotenmäßigweiterhingut,wennauch
denwachsendenAnforderungen entsprechend etwas abfallend.UnserKlaßleiterwurde in
der 3.Klasse der bereits oben erwähnteMichael Suttner sowie in der 4.Klasse dann der
StudienassessorHerbertHörmann,diebeideLateinunterrichteten.Klaßleiter spieltennur
zu speziellenGelegenheitenwie etwazuAusflügeneinebesondereRolle.Nochweniger als
zudeneinzelnenLehrernsindErinnerungenanirgendwelcheInhaltedesUnterrichts inden
11 Fächern geblieben. Auch sonst ist aus diesen Schuljahren nichts wirklich Auffälliges
zu berichten. So kann ich nur Anektodisches und Szenarisches aus Unterrichtsstunden
und von sonstigen schulischen Aktivitäten erzählen, wovon ich ein paar Beispiele geben
möchte.
EnglischunterrichteteFrauStudienrätinHildegardRotkegel.Ansiehabe ichausdieser
Zeit noch die stärkstenErinnerungen, nicht nurwegen derNeugier auf die neue Sprache,
sondern auchwegen ihrer besonderenPersönlichkeit.DieNachkriegszeitwar vonderDe-
zimierung desmännlichenBevölkerungsanteils durch denKrieg geprägt.Wie somanche
Frau, vor allem als Akademikerin, war sie daher wohl alleinstehend. Gleichwohl hatte
sie ein mütterliches Herz. Ihr Beruf war für sie alles, sodaß sie voll darin aufging. Eine
unvergessene Szenemag dies verdeutlichen.
Mein Freund Günter Neumann war von Seiten seines Elternhauses mutmaßlich un-
ter einem andauernden psychischen Leistungsdruck. Zudem bedeuteten die gymnasialen
Anforderungen bei seinen begabungsmäßigen Anlagen für ihn eine dauernde Herausfor-
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427