Seite - 132 - in Reflexionen vor Reflexen - Memoiren eines Forschers
Bild der Seite - 132 -
Text der Seite - 132 -
132 KAPITEL2. KINDHEIT
Da durch derartige Basteleienmeinen ElternmeinGeschick zumWerkeln bewußt ge-
wordenwar, schenktensiemirzuWeihnachtenumdasJahr1950erst einmaleinenkleinen
Schienenkreis einerMärklineisenbahnmit Spur 00.Vonda anwaren die künftigenWeih-
nachten charakterisiert durch gezielte vorherige Planungen der mir finanziell tragbaren
Erweiterungsmöglichkeiten derAnlage, des stunden- und tagelangenAufbaus, in den er-
sten1 2JahrenunterstütztdurcheinengeschicktenVerwandten,unddanndemendlosen
Spielenmit der Anlage. Sie wurde auf unserer Tischtennisplatte imWohnzimmer aufge-
baut,wo siedie gesamteFensterwand inBeschlagnahm.Baldbegann ichauchdamit, die
Platte als LandschaftmitHügeln, Tunnels undGebäuden zu gestalten.
In unserer Straße wohnte etwas näher zum Tiergarten die Familie Haygis mit zwei
Söhnen in einem architektonisch bemerkenswert schönen Haus. Der jüngere der Söhne,
Werner, kam 1952 infolge vonKlassenwiederholungen inmeine (dann vierte) Klasse im
Realgymnasium, obwohl ermehr als zwei Jahre älter als ichwar.Einmal ließ er sichdazu
herab, mir seine eigeneMärklinanlage zu zeigen. Seine Spur 1 Bahn stellte die meinige
im Hinblick auf Größe und Umfang weit in den Schatten. Alles ist bei der Spur 1 im
Vergleichmit der Spur 00 um einMehrfaches größer. SeineBahn nahmdaher gleich den
Fußboden des etwa 40qm großen Wohn- und Eßzimmers im Parterre in Beschlag, ein
offensichtlich extremes Zugeständnis seiner Eltern. Er war, selbst in meiner damaligen
kindlichen Beurteilung, einfach sehr verwöhnt und uns beide verband trotz der Nähe in
derKlasse, auf demSchulweg und in der Straße rein gar nichts.134
LeiderwarEisenbahnspielen rein saisonbedingtundmeinePlattewurdeallerspätestens
im Februar wieder abgebaut (und ab dem Frühjahr wieder für das Tischtennisspiel ge-
braucht).Was sollte man im Sommer stattdessen in Angriff nehmen?Da hörte ich, daß
die große Nürnberger Adam-Opel-AG Filiale 1950 ein Programm zur Etablierung eines
SeifenkistenrennensaufdemSchmausenbuckunweitunseresHauses starteteunddenTeil-
nehmerndazueinenRadsatz, bestehendausAchsen,Räder,Lenkung, etc., zurVerfügung
stellte.135 In derMögeldorferOrtsstraße direkt amAnfang der Schmausenbuckstraße be-
fand sich das vor allem von Frau Hüttinger betriebene Elektrogeschäft Hüttinger. Herr
Hüttinger konzentrierte sich dagegen beruflich voll auf die Sparte desModellbaus, in der
er ein anerkannterMeisterwar.Mutmaßlich unterVermittlungmeinerMutter nahmsich
dieser herzensguteundhochbegabteMannmeinerwie eines eigenenSohnes anundbaute
mitmir auf diese zweiAchsen eine Sperrholzkistemit Lenkung undBremse.
134Der ältere der Söhne wurde später Leiter der Unteren Denkmalsschutzbehörde von Nürnberg und
veranlaßte indieserFunktionpersönlichdieAufnahmemeinesElternhauses alsBaudenkmal indieDenk-
malliste, wasmir später gelangwieder rückgängig zumachen.
135https://de.wikipedia.org/wiki/Seifenkiste berichtet davon, daß das Programmursprünglich von der
amerikanischenBesatzungsmacht initiiert wurde (Zugriff 3.9.2015).
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427