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3.5. STUDIUM 221
Arbeitsmontur.Auchwenn ichalsKindvielmitdenArbeitern inderFabrikmeinesGroß-
vaters zusammenwar,mußte ichmich an den fürmich zu jener Zeit völlig ungewohnten
Umgangsstil unter denWerksleuten erst wieder gewöhnen und eine kameradschaftliche
Einstellung mit der gebotenen Distanz in Einklang bringen. Die Erinnerungen an diese
Erfahrung sind gleichwohl durchaus angenehme; vor allem hat mir das dabei verdiente
Geld dieTür für ein nachfolgendesAbenteuer geöffnet.
Nach dem im Abschnitt 3.2 beschriebenen Erwerb des Führerscheins baute sich in
mir ein ungeheurer Drang nach einem eigenen fahrbaren Untersatz auf. Abgesehen von
derMitbenutzung desMopedsmeinerMutter hatte ich nur sehr selten Gelegenheit zur
selbständigen Benutzung eines Fahrzeugs. Ein oder zweimal durfte ich den Volkswagen
von Anni und Heinrich Bauer chauffieren. Einmal saß ich als Sozius auf demMotorrad
von JohannGeyer, dem Sohn unseresMögeldorfer Pfarrers, und landete dabei auf dem
Hosenboden, weil ich mich wegen dessen gewagter Kapriolen auf Ackergelände einfach
nachhinten fallen ließ.Diese letztereErfahrunghieltmichvielleichtdavor zurück, auf ein
AngebotzumKaufeinesbilligenundgebrauchtenMotorrads imSommer1958einzugehen.
Ein Büromitarbeiter des GKF, den ich in jenen Wochen dort kennenlernte, machte
mir den Kauf seines Autos, eine 23 Jahre alte DKWF4Meisterklasse Cabriolimousine
mit dem Baujahr 1935,132 schmackhaft, das ich von meinem während des Praktikums
erarbeiteten Verdienst dann für etwa 450DMvon ihm erstand. Dieser unüberlegte Kauf
stürzte mich in ein finanziell riskantes Abenteuer, das mir einiges Lehrgeld verursachte.
Denn erst nachAbschluß des Kaufes wurde dem völlig unerfahrenen und naivenKäufer
klar, daß in Kürze die TÜV-Prüfung für das uralte Vehikel fällig wurde, was mir der
Verkäufer tunlichst verschwiegenhatte.Mithilfemeiner geschäftstüchtigenMutter gelang
es aber unterAusnutzung verwandtschaftlicherBeziehungen,133 denWagenmit geringen
Mitteln soweit herzurichten, daß ein TÜV-Prüfer aus der Bekanntschaft ihm die nötige
Plakette verlieh. So war ich also noch vormeinen Eltern stolzer Autobesitzer geworden.
Von demWagen gibt es leider kein einzigesBild in denAlben.
Mit derwohlweitestenFahrt in demVehikel erfüllte ich einenWunschmeinerMutter.
Da ihreGesundheit zunehmendSorgenbereitete,wollte sie einigeWochenzurKur fahren,
hatte sichaber fürdenKurortnochnicht endgültig entschieden.Deshalb fuhrenwirmut-
maßlich imOktober1958vonNürnbergauszuerstnachBadOrb imSpessartnördlichvon
Aschaffenburg. Dort gefiel esMama aber nicht allzu sehr, sodaß sie sich entschloß, doch
liebernachdembereits imAbschnitt 3.3 erwähntenGlottertal imHochschwarzwaldnord-
132https://de.wikipedia.org/wiki/DKW_F4, Zugriff 24.2.2016.
133GroßeHilfe bekam ich dabei vonBertl Schmidt, demBrudermeiner TanteKäthe, deren Familie in
Nürnberg in derErnststraße eineGravierwerkstatt betrieb.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427