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222 KAPITEL3. ZIELSUCHE
westlich vonFreiburg zu fahren.Wir kurften also nach kurzemAufenthalt vomSpessart
weiter in den Schwarzwald, wo ich sie zu einem entsprechendenQuartier brachte. Auch
wenn der Tag dann schon ziemlich fortgerückt war, trat ich gleich wieder die Rückfahrt
RichtungNürnbergmit offenemVerdeck durch den Schwarzwald an.
Nur wenige Kilometer von Glottertal entfernt wurde ich plötzlich durch ein mächti-
ges Gerumpel aus dem Schlaf gerissen. Ja, ich war offenbar für Sekunden am Steuer
eingeschlafen.Die viele Stunden lange, fürmich völlig ungewohnteAutofahrt durch Süd-
deutschland, das ständigeundzusätzlich ermüdende lauteDröhnendesMotors, die kurze
entspannendePause inGlottertalunddie frischeSchwarzwaldlufthabenwohl zusammen-
gewirkt, ummich zu übermannen und in einen Sekundenschlaf zu versetzen. Die Straße
wich dort in einer leichten Linkskurve einerAnhöhe aus, an der sie dann entlang führte.
Ungesteuert überwandderWagen den rechten Straßengraben, schraubte sichmit seinem
Vorderradantrieb an der geschätzte 45◦ steilen Böschung hinauf und rutschte dannmit
seiner linken Seite in den Straßengraben zurück. In dieser Stellung kam ich im offenen
Wagen zumir und versuchte völlig benommenmir der Lage bewußt zuwerden.
Daerklanghintermir ein schallendesGelächter.Eshatte sicheinLastwagenmitFahrer
und Beifahrer auf der gleichen Route genähert. Sie erblickten vor sich die leere Straße
und rechts imStraßengraben eine schräg amHang geparkte Cabriolimousinemit einem
jungenSchnösel darin, einAnblick, der in seinerKomikbei ihneneineLachsalve auslöste.
Sie stopptenhintermir, stiegenausundauch ichkletterteüber's offeneDachausmeinem
Wagen.Meinwohl völlig verzweifelterAnblick regte ihrMitleid an. Zu dritt packtenwir
denknapp800kgschwerenWagenundhievten ihnausdemGrabenzurückaufdieStraße.
VomDreck abgesehenwar kein ernsthafter Schaden erkennbar und ich konnte in derTat
meine Fahrt problemlos fortsetzen. Nicht auszudenkenwie ein solcher Unfall auch hätte
ausgehen können!
Der Unfall demonstrierte die Stabilität dieses viersitzigen Vorkriegsmodells in ein-
drucksvollerWeise,dessenKarosserieausSperrholzgefertigtwar.SeinebesonderenMerk-
male waren die beiden hinten angeschlagenen und also nach vorne öffnenden Selbst-
mördertüren sowie der am Armaturenbrett angebrachte Krückstockschalthebel . Der
Zweizylinder-Zweitaktmotor hatte 0,7 LiterHubraumund schaffte gut 80km/h.Er hatte
mich in demhalben Jahr unserer Zweisamkeit nie wirklich im Stich gelassen, litt nur an
einemgrundlegendenProblem: der Elektrik.
Die Kabel waren wohl so verrottet, daß sich die Batterie über Nacht weitestgehend
leerte. Ich lernte, denWagen über Nacht so zu parken, daß ich ihn morgens auf etwas
abschüssiger Straße imwahrsten Sinne desWortes auf die Schulter nehmen und anschie-
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427