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226 KAPITEL3. ZIELSUCHE
So schuftete ich siebenTage dieWoche, umden erfolgreichenEinstieg in einwahrhaft
anspruchsvolles Studium zu schaffen, erfüllte daneben meine Hausaufgabenbetreuungs-
pflichten für denVermietersohn und ernährtemich dabeimittags wie abends von einem
miserablenMensaessen. Vor allem das erste Semester ist mir so in grauenhafter Erinne-
rung geblieben.Nicht die geringste Spur von einem lustigen Studentenleben!
Nach dem ersten Semester imWinter 1959 erholte ich mich erst einmal mit den im
Abschnitt 3.2 beschriebenen Skiferien in Riezlern, um mich dann gleich wieder in die
Nacharbeit des bisher präsentierten Vorlesungsstoffs zu stürzen. Um dabei ungestört zu
sein, war ich innerhalb desAnwesensmeiner Eltern imHerbst davor in die beiden völlig
abgelegenenRäume imHinterhaus gezogen, die auf S.90beschrieben sindunddie ichmir
entsprechend hergerichtet hatte. Neben der ruhigenLage erfüllten sie auch das nicht un-
erwünschteKriteriumeiner sturmfreien Bude.DieserweitereSchritt inderAbnabelung
vonder elterlichenWohnungwar das sichtbare Zeichen fürmeinen festenWillen,meinen
eigenen, vondenElternunabhängigenWegzu suchenundzugehen.EinweiteresZeichen
dafür war meine Arbeitszeit in den Semesterferien, die sich bis weit nach Mitternacht
erstreckte, sodaß ich zumUnverständnismeiner frühaufstehendenMutter dieVormittage
oft bis gegenMittag verschlief.
Nach der mit großem Fleiß durchgeführten Vorbereitung verlief das zweite Semester
dann schon etwas entspannter. Dazu trug auch eine etwas bessere Studentenbude ohne
Nachhilfeverpflichtung in der Ohmstraße bei einem älteren Ehepaar bei, das ein zweites
Zimmer ihrerWohnunganeineStudentinvermietethatte.Eswardamalsdurchausüblich
dieZimmerzumSemesterendezukündigenundzumSemesterbeginneinneues zumieten,
wie ich es dabei praktizierte, um so die Miete in der vorlesungsfreien Zeit einzusparen.
Mein Vater hatte ab dem zweiten Semester den monatlichen Unterstützungsbetrag für
michaufetwa130DMerhöht.DasversetztemichauchindieLage,mittagsnebenderkaum
erträglichenMensa auch in billigenGasthöfen zu essen. InsgesamtwarmeineErnährung
indiesenJahrennichtdiebeste.ZumWochenendekamichwährenddesSemesters jeweils
nach Hause, wobei ich die Fahrten zwischen Nürnberg und Erlangen nunmit dem Zug
durchführenmußte, da ichmeinenDKWjawieder verkauft hatte.
Gelegentlich nahmmich auf dieser Streckemein schon im letztenKapitelmehrfach er-
wähnter Freund und StudienkollegeGerd Fleischmann auf seiner Vespamit, der wie ich
Physik imgleichenSemester studierte.Aufgrund seiner Schulausbildung in einerOberre-
alschule hatte er denVorteil einer umfassenderenGrundlage in denFächernMathematik
und Physik. Da wir nur Minuten voneinander entfernt wohnten, tauschten wir uns am
Wochenendemehrfach über Hindernisse und Lösungen bei den Hausaufgaben vor allem
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427