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250 KAPITEL3. ZIELSUCHE
Mathematik, die von den folgenden Professoren gelesen wurden: Martin Kneser (1928
2004),198ErhardHeinz (*1924),199Georg JohannRieger (*1931),200MaxKoecher (1924
1990)201 undKarl Stein (1913 2000).202All diesemathematischenVorlesungenwie auch
ihreDozentenhabenbeimir einenüberzeugendenEindruckhinterlassen, sodaß sichmein
Hauptfach- und Studienortswechsel als richtig bewährte. Mit Fleiß arbeitete ich mich
in die dargebotenen Gebiete ein und identifizierte mich voll und ganz mit der Klarheit
mathematischer Stringenz.Vor allemüberzeugtemichdie unter demPseudonymNicolas
Bourbaki203 betriebene axiomatischeMethode in derMathematik, die aufDavidHilbert
zurückgeht. Einige der Bourbaki-Bücher, wie beispielsweise das überMengenlehre, habe
ich genau studiert. Unter den Professoren waren es Koecher und vor allem Stein, denen
ich einen besonders hohenRespekt zollte.
Stein war es, der mir den Fachwechsel genehmigte und bei dem ich gleich im ersten
Münchener Semester auchdasHauptseminarmit demvonmir gewähltenVortragsthema
Weierstrassscher Vorbereitungssatz besuchte. Stein hatte eine sehrmenschliche Persön-
lichkeit und durchaus auchHumor. Gleichwohl stand seine natürlicheAutorität imVor-
dergrund, sodaß ichmichnochgutanmeinLampenfieberbeidiesemerstenakademischen
Vortrag vor ihm und denKommiliton|inn|en erinnere.204 ImAnschluß an die im darauf-
folgenden Semester bei ihm gehörten Vorlesung über Uniformisierungstheorie wandte
ichmich an ihnmit derBitte um einDiplomarbeitsthema. Er holte für die Besprechung
seinen damals bereits promoviertenAssistentenOtto Forster (*1937)205 hinzu, dermich
dann bei der Erstellung der Diplomarbeit auch hervorragend betreute. Meine Aufgabe
war, den RemmertschenAbbildungssatz ausführlichund inallenDetails zubeweisen.206
Es handelt sich bei diesem Satz um eine recht grundlegende Aussage über die ho-
lomorphe Abbildung zwischen allgemeinen komplexen Räumen mehrerer unabhängiger
Veränderlicher, zu der es bereits zwei Beweise in der Literatur gab. Solche Beweise in
der Literatur sind aber in derRegel für Spezialisten geschrieben, von denen vieleDetails
intuitiv erfaßt und daher vomAutor nicht im Einzelnen ausgeführt werden. Um sicher
zu gehen, daß dabei keine Beweislücken übersehenwurden, stellt man einemDiploman-
198https://de.wikipedia.org/wiki/Martin_Kneser, Zugriff 19.3.2016.
199https://de.wikipedia.org/wiki/Erhard_Heinz, Zugriff 19.3.2016.
200https://de.wikipedia.org/wiki/Georg_Johann_Rieger, Zugriff 19.3.2016.
201https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Koecher, Zugriff 19.3.2016.
202https://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Stein_(Mathematiker), Zugriff 19.3.2016.
203https://de.wikipedia.org/wiki/Nicolas_Bourbaki, Zugriff 21.3.2016.
204Das Thema Lampenfieber hat entsprechend auch ausführliche Erörterungen erfahren, so in TBI,
S.73ff,77,97ff,TBII, S.126, TBIII, S.1ff,72.
205https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Forster, Zugriff 19.3.2016.
206InTBI, S.68, findet sichmein damaligesVerständnis derAufgabe.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427