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3.5. STUDIUM 279
Bemühungen erreichtwurde, kein allgemein anerkannterMaßstabverfügbar ist, so dürfte
dessen hoherWert doch zumindest grob erkennbar sein. Auch heute noch erfüllt esmich
daher mit großer Dankbarkeit, daß mir sowohl meine Eltern bis zum Diplom als auch
meine Brotgeber bis zur Promotion so viel Freiheit für diese intensive und nachhaltige
Entwicklung eingeräumt hatten. Schließlich und endlich hatte ich infolge des frühenTo-
des meiner Eltern und des dank ihrer Lebensleistung mir hinterlassenen Erbes zudem
eine wirtschaftliche Absicherung, diemir dieWeiterverfolgungmeinesWeges auch dann
ermöglichte, wenn sie auf denWiderstand vonmir übergeordnetenMächten stoßen soll-
te. Einen besseren Stand als den damals insgesamt erreichten hätte ichmir daher nicht
ausdenken können.
Nicht ohneStolzwar ichmir all dieserPerspektivenwohl bewußt, die ichmir unter zu-
gegeben günstigenUmständen durchaus auch selbst erarbeitet hatte. Erst später wurde
dannzusätzlich erkennbar, vonwelcherWeitsichtallemeineEntscheidungengetragenwa-
ren, deren ichmirdamalsnochnichtbewußt seinkonnte.Beispielsweise stand ichmitder
Wahl von Schütte alsmeinemDoktorvater in derNachfolge einer beeindruckendenFolge
von akademischen Vorfahren . Denn schon Schüttes Doktorvater war einer der größten
Mathematiker, nämlichDavidHilbert. Undwennman überHilbertsDoktorvater in die-
serWeise immerweiter zum jeweiligenDoktorvater zurückgeht, so gelangtmanüber sehr
berühmte Namen schließlich sogar zum (leiblichen) Vater, aber auch Lehrer des großen
GottfriedWilhelmLeibniz (1646 1716) zurück.284
Es istmir bewußt, daß die hier ins Spiel gebrachte Fähigkeit zurWeitsicht angreifbar
ist.Es fehltuns ein rationalbegründbaresVergleichsmaß fürdieseFähigkeit.Eskannsich
genauso gut schlicht um schicksalhaftes Glück gehandelt haben. Ich wage trotzdem die
Überzeugung auszusprechen, daß das erreichte aussichtsreiche Plateau doch auch mein
eigenes Verdienst war. Dieses Verdienst beruht danach auf meinen jahrelang und um-
fangreich betriebenenÜberlegungen zu allen großen undkleinenEntscheidungen, diewir
tagaus tagein treffenmüssen.Während die meisten Gleichaltrigen ummich herum ihre
freieZeitmiteheranspruchslosenBeschäftigungenunter Ihresgleichenvertrieben,hing ich
stattdessenmeinenReflexionen nach, ummir über viele Fragen eine größereKlarheit zu
verschaffen, oder arbeitetebeispielsweise einenanspruchsvollenRomandurchund schrieb
meineGedanken dazu nieder oder versuchte durch täglicheYoga-Übungen einsmitmei-
nemKörperzuwerdenoderarbeiteteanderVerbesserungmeinerAusdrucksmöglichkeiten
aufderGeigeusw.usf.AusdiesemVergleichversuche ichdieBehauptungabzuleiten,daß
meineEntscheidungen durch diese intensivenBemühungen einfach zu besserenEntschei-
284Diese meine akademische Genealogie läßt sich von der Webseite https://www.genea-
logy.math.ndsu.nodak.edu/id.php?id=58245 aus verfolgen.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427