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342 KAPITEL4. FORSCHERLEBEN
Rollefindenkonnten.AlsweitereBeispiele seienDr.RupertGnatz,Dr.ThomasStröhlein
undDr. Ludwig Zagler genannt.88
WährendmanvoneinemProfessoreigentlicheinekreativeRollealsWissenschaftlerund
Pädagogeerwartensollte,brillierteBauer in seiner erstenPhasevorallemals erfolgreicher
Wissenschaftspolitiker, der seinepolitischenZielemit allenMittelndurchzusetzenwußte.
Im Stile eines Politikers scheute er sich auch nicht, seine vormaligenÜberzeugungen bei
BedarfüberdenHaufenzuwerfen, getreueinemunvergeßlichenBonmotKonradAdenau-
ers.89Anders alsPolitiker sindWissenschaftler jedoch eigentlich strikt zurQuellenangabe
verpflichtet. Während Bauer der Logik 1969 ein für die Informatik nur peripheres In-
teresse zubilligte, stand für ihn seit den Jahren um 1980 die Logik im Zentrum seines
Interesses, ohne daß er dieQuelle diesesMeinungsumschwunges zitiert hätte.90DerTitel
seiner ersten in der vorausgegangenen Fußnote genannten Arbeit hätte vom (top-down)
Ansatzher genausoalsTitel fürmeineHabilitationsarbeitherhaltenkönnenunderstaunt
durch das dort genannte und aus der Logik entlehnte formale Schließen . Eine genauere
Analyse seinerArbeitenwürdedementsprechenddenEinflußnachweisen können, den ich
mitmeinemAnsatz auf seineSchriften ausübte.AlsPolitikerwar er sichdiesesEinflusses
vielleicht überhaupt nicht bewußt, als Autokrat durfte er ihn sich nicht eingestehen und
also schon gar nicht meine Arbeiten zitieren. So hat er aus reinemMachtstreben auch
gegen die striktenQuellenangabenspflichten in derWissenschaft verstoßen.
Damit habe ich wohl ausreichendMaterial fürmein subjektives Urteil angeführt, daß
Bauer in der ersten Phase seiner Karriere sein Handeln amMachtgewinn und der Ver-
mehrungseinesEinflusseorientierteunddabeigegenanerkannteGrundsätzeakademischer
Verhaltensnormen rücksichtslos verstieß.Dies schien sogar für seinen privatenBereich zu
gelten. Denn demVernehmen nach brachte seine erste Frau zwar das Vermögen in die
Ehe ein,war ihmaufgrundderFolgen einer frühenKinderlähmung aber bald nichtmehr
gewachsen, konnte vor allem keine Kinder gebären. So erzählten dieMitarbeiter, die zu
ihmnachHause zurBerichterstattung zitiertwurden, daß sich die bereits oben genannte
spätere zweite Frau noch zuLebzeiten der ersten bereitsmit im ehelichenHeimaufhielt.
88In einemBrief vom7.2.1977andenPräsidentenderTUM,HerrnUlrichGrigull, beklage ichdieTat-
sache, daß sich keiner der vielen seit 1964 inder Informatik eingestelltenMitarbeiter habilitieren konnte,
was angesichtsdieses langenZeitraumsvonmehrals 12Jahren eine offensichtlich grobePflichtverletzung
der verantwortlichenProfessoren darstellt. SieheAOHabil-Prozess,Korrespondenz.
89 Was interessiert michmeinGeschwätz von gestern, nichts hindertmich weiser zu werden.
90Siehe das Zitat vonBauer aus demJahre 1969 gegenüberBüchi undSchütte imAbschnitt 4.1 sowie
seineArbeitenbis etwazumJahre1975unddannvorallemdiejenigenzumCIP-Projektvondenspäteren
siebziger Jahren an bis hin zu Arbeiten wie den folgenden: Friedrich L. Bauer, From Specifications to
MachineCode ProgramConstruction throughFormalReasoning, ICSE1982, 84 93, sowieFriedrichL.
Bauer,MartinWirsing, ElementareAussagenlogik,Mathematik für Informatiker, Springer 1991.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427