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4.2. KIETABLIERUNG 343
Seine bemerkenswert feinfühlige erste Frau erkrankte in dieser für sie kritischenZeit und
verlor jeglichenLebenswillen ,wie berichtetwurde. Sie starbnachkurzerKrankheit und
machtesodenWegfrei fürdiebalderfolgtezweiteHeirat,durchdieBauersKinderwunsch
endlicherfülltwurde.DurchdiesezweiteHeiratergabensich zufälligerweise auchdirekte
verwandtschaftlicheBeziehungen in dieBayerische Staatsregierung.
Ich war bei weitem nicht der einzige Kollege Bauers, der dessen für dieWissenschaft
schädlichesMachtstrebendurchschautundmißbilligthatte. ImGegenteilgabeseineReihe
von Persönlichkeiten, die entsprechend ihrerMöglichkeiten versuchten, die daraus resul-
tierenden Auswüchse zumindest einzudämmen. Ihnen verdanke ich mein akademisches
Überleben. Sie werden im Verlauf der weiteren Schilderungen entsprechend gewürdigt.
Im Kontext des Habilitationsverfahrens möchte ich nur Herrn Prof. Josef Heinhold er-
wähnen. Als einziger unter denProfessoren derMathematik an der TUMverweigerte er
Bauer die Unterwerfung unter dessen Alleinherrschaft. Er, zusammenmit zwei weiteren
Habilitierten aus seinem Institut, holte zumeinerHabilitationschrift das obenbereits er-
wähnte separate Gutachten von Prof. Bruno Buchberger ein, aufgrund dessen positiver
Beurteilungdiese drei sich in derAbstimmungbegründet der Stimme enthalten konnten.
Bauer vermochte infolge seinesMachtstrebens gegenüber eigenständigenKollegen auch
dannnichtdennötigenRespektaufzubringen,wenndiese ihmhaushochüberlegenwaren.
Als dieGI den großenKonradZuse zu einemVortrag auf ihrer Jahrestagung endlich,
nachmeinemUrteil viel zu spät einlud, fungierte Friedrich Bauer als Sitzungsleiter.
Zusehielt einen faszinierenden,dasPublikummitreißendenunddurchausauchunterhalt-
samenVortrag. AmEnde trat wie üblich der Sitzungsleiter ansMikrophon und statt
des üblicherweise folgendenDanks tadelte den großen Zuse: er hätte sich von ihm zu
einem solchenAnlaß keine Büttenrede wie auf demMainzerKarneval erwartet.91
Es ist auch vonmir unbestritten, daß sichHerrBauer hoheVerdienste für denAufbau
der in Deutschland viel zu spät und gegen erheblicheWiderstände etablierten Informa-
tik erworben hat. ImVerlauf all dieser Schilderungen habe ich versucht, in fairerWeise
auf seine außergewöhnlichen Fähigkeiten hinzuweisen, zu denen vor allem sein organisa-
torisches Talent, aber auch seine Fähigkeiten, sich durchzusetzen und andere in seinem
Sinne zubeeinflussen, gehörten. In späterenJahrenhat er sich zudembeiderhistorischen
Aufarbeitung unseres Faches große Verdienste erwiesen. Im Sinne einer korrekten Ge-
schichtsschreibung sollte aber entgegen dem imprivatenBereich gültigenGrundsatz de
91ErstnachdemTodvonZusebegannBauerüberdiesenzuschreiben,waszudemvonmirgezeichneten
BilddesMachtmenschenBauerauchwiederpaßt.Denn jetztkonnteerdankZuse seinenNamenaufdiese
Weisewieder in denVordergrund stellen.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427