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346 KAPITEL4. FORSCHERLEBEN
ihm geschuldeteDankbarkeit geschickt und zuweilenwohl auch hinterhältig auf seine
autokratische Linie zu bringen.
Wie immer hatBauer also auchbei demHabilverfahrenBibel seinenFreundSamelson
auf seine Seite gezogen.Deshalb sehe ich dieVerantwortung für das Fehlurteil weitestge-
hendaufderSeitevonHerrnBauer.NatürlichtragenMitläufer immeraucheinengewissen
Anteil an derVerantwortung.Warum ist Samelson nie aufmich zugegangen undhatmir
Vorschläge dafür gemacht, wie das Verfahren beispielsweise durch Änderungen an der
Habilschrift erfolgreich gestaltet werden könnte?Genau das ist dieAufgabe eines akade-
mischenBetreuers,der er sich inmeinemFallnicht zustellenvermochte.Vorallemnehme
ichHerrn Samelson bis heute übel, daß ermir die Urheberschaft für die Idee der prädi-
kativen Programmierung abgesprochen undKowalski zugesprochen hat.95 Erwar Zeuge
für denStandmeinerArbeit zumZeitpunktdes IFIP-Kongresses undmeiner öffentlichen
Einlassungen inderDiskussionzuKowalskisVortrag,wovon ich imletztenUnterabschnitt
berichtet habe.Es istwohl nurmit einschlägigenpsychologischenMechanismen zu erklä-
ren, warum ihn seinGedächtnis auch in diesemPunkt später völlig im Stich gelassen zu
haben scheint. Eine bewußt von ihm gemachte falsche Aussage paßt jedenfalls nicht zu
meinen umfangreichenErfahrungenmit dem sonst ehrenwertenHerrn Samelson, den ich
auch als produktivenWissenschaftler durchaus hoch schätze.
Als sich abzeichnete, daßunter demEinflußdesübermächtigenBauer seineKraft nicht
ausreichte, die anfänglicheUnterstützungmeinesHabilitationsgesuches aufrecht zu erhal-
ten, erstarbunser bis dahinwahrhaft gutesVerhältnis undKlimaderZusammenarbeit in
recht kurzer Zeit. Er begann sichtbar unter demZerrissenwerden zwischen seiner Loyali-
tät zuBauer und derVerantwortung für seinen einzigen ausschließlich ihm zugeordneten
Mitarbeiter zu leiden, dem er auf Grund seines Kenntnis- und Erfahrungsstandes, sei-
nes fachlichen Engagements und Interesses und bisheriger Leistungen die Habilitation
eigentlich zubilligen wollte ( aber nicht durfte ist man geneigt zu ergänzen).96 War es
wohl einZufall, daßSamelsonbalddanachanKrebs erkrankteund schondrei Jahrenach
der Entscheidung über mein Habilgesuch, aber noch zur Zeit des laufenden Prozesses
starb?Wer von den tiefen Zusammenhängen vonPsyche undSomaüberzeugt ist, würde
dieseFragemit einemeindeutigen nein beantworten,was hieße, daßdieser zeitlich enge
Zusammenhang eben kein Zufall war. Ob sich das Gewissen des dämonischen Bauer in
den restlichen 35 Jahren seines Lebens hierzuwohl irgendwie geregt hat?
95 Die eigentliche Idee des prädikativen Programmierens geht nicht auf den Autor der vorliegenden
Arbeit zurück. Gutachten Samelson vom8.12.1976, S.2.
96aaO. S.3.
Auf die Inhalte dieses und der anderenGutachten bin ich hier weiter nicht eingegangen, weil es in den
Akten zumGerichtsverfahren umfangreichsteAusführungen hierzu gibt (AO17Habil-Prozess).
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427