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364 KAPITEL4. FORSCHERLEBEN
versäumt hatten. Einem riesigen Bedarf an KI-Experten stand nur eine winzige Anzahl
von entsprechend qualifiziertenPersonen gegenüber.Diese kleineGruppe, in der ich eine
führende Rolle spielte, geriet aufgrund dieser Situation in den achtziger Jahren unter
einenLeistungsdruck,der teilweisedas fürMenschenverantwortbareMaßüberschrittund
tatsächlich zu Zusammenbrüchen vonKollegen führte. Sie alle wurden bestürmt, bei der
inhaltlichenGestaltungderProjektemitzuwirken, selbstProjektforschungdurchzuführen,
dieLehre inKIandenUniversitäten zu etablieren, aber auchdenLeuten inder Industrie
dieGrundbegriffe derKI beizubringen unddies alles nebenher zu den ohnehin laufenden
Pflichten, die für sich schon gereicht hätten, dieTage sinnvoll auszufüllen.
Für mich gestaltete sich diese extreme Ausnahmesituation aufgrund meiner geschei-
tertenHabilitation an der TUMdarüber hinaus in einer besonderenWeise, worüber ich
nunetwasausführlicherberichtenmöchte. ImerstenUnterabschnitt diesesAbschnitts 4.2
wurdeerwähnt,daß ich1975einenLehrstuhlanderUni inSaarbrückenvertrat.Beidieser
Gelegenheit ermuntertemich der dortigeHerrProf.Hotz, bei derDeutschenForschungs-
gemeinschaft (DFG)einenAntragauf eineForschungsbeihilfe zu stellen,mitder ichdann
Mitarbeiterfinanzierenkönnte.DieserAntragwurdemirEnde1975bewilligt,150wasHerr
Bauermit den folgendenWorten kommentierte: Das ist unerhört von der DFG. Diese
in meiner damaligen Lage höchst ungewöhnliche Bewilligung zeigt, daß mir besonders
von außerhalb derTUMein besonderesWohlwollen inmeinemKampf umAnerkennung
entgegenschlug, einWohlwollen, dasmir über die vielen Jahre hinweg immerwieder den
Rücken stärkte. In diesemFall darf ich wohlmit Recht annehmen, daßHerr Hotz einen
nichtunbeachtlichenAnteil andieserBewilligunghatte.GroßeHilfe erhielt ichüber viele
Jahre dabei auch von dem in derDFGzuständigen Sachbearbeiter, HerrnDr.H.Haller.
ImAbschnitt4.1hatte ichvondenStudentenberichtet,die ichbis1975betreute.Unter
diesen war Joachim Schreiber der erfolgreichste, der nach demAbschluß seines Diploms
aufmeineVermittlung hin undmit Stipendien desDeutschenAkademischenAustausch-
Dienstes (DAAD)undder StudienstiftungdesDeutschenVolkes für eineFortsetzung sei-
ner Studien andie StanfordUniversity inKalifornien ging.NachAbschluß seiner Studien
an dieser Spitzenuniversität konnte ich ihn daher ab 1977 alsMitarbeiter finanzieren.151
Die Institutsleitung ließ nichts unversucht, die erfolgreicheDurchführung dieses Projekts
zuunterbinden. Sowurdeuns inwiderrechtlicherWeise dieBewilligung für eineNutzung
150Eshandelte sichumdasProjektmit demThema VerwendungvonBeweisverfahren inderProgram-
mierung , bei dem es sich offensichtlich umeineVariante desThemasmeinerHabilarbeit handelte.
151DergnadenloseAutokratBauerscheutenichteinmalvordemVersuchzurück,mir meinen Studenten
Schreiberdurch einAngebotvon seinerSeite abzuwerben,wasdiesennatürlich in eine äußerst schwierige
Lage innerhalb unseres Instituts versetzte. Gleichwohl zeigte er Charakter und lehnte das Bauersche
Angebot ab. (Er brachte es später trotzdemauch noch bis zumProfessor.)
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427