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Fauna 35
Fauna
Die Tiere der Alpen waren für die Menschen vor allem als Jagdtiere interessant,
die Raubtiere wiederum bejagten die Herden der Menschen. In einigen frühmit-
telalterlichen Heiligenviten werden Wölfe und Bären erwähnt, allerdings, entspre-
chend der Quellengattung, vor allem als von Gott geschickte Helfer.48 Raubtiere,
wie Luchs, Braunbär und Wolf, kamen früher häufig in den Alpen vor, doch schon
im 18. Jh. waren diese Tiere dort sehr selten. Gämsen als typische Alpentiere leben
vor allen in den Ostalpen, sie können im Sommer bis zu einer Höhe von 3.000 m,
jedenfalls oberhalb der Baumgrenze, gefunden werden. Im Winter steigen sie in
die Wälder ab. Der Steinbock war schon in der Antike bekannt und auch als Tier in
den römischen Arenen beliebt.49 Einige Vogelarten fühlen sich in Höhen zwischen
2.000 und bis zu 3.500 m heimisch, am bekanntesten ist wohl das Schneehuhn. Der
imposanteste Alpenvogel ist zweifellos der Steinadler mit einer Flügelspannbreite
von bis zu zwei Metern, im Mittelalter wohl kein seltener Anblick.
Die Artenvielfalt ist durch die Belastungen der Umwelt in den größeren Höhen
eingeschränkt.50 Tiere haben unterschiedliche Mechanismen, um über den harten
Winter zu kommen. Viele der in den Alpen lebenden Säugetiere bleiben auch im
Winter aktiv, so etwa Steinbock, Gämse, Hochwild, Schneehase und Vögel wie das
Schneehuhn. Diese Arten zeichnen sich durch eine besondere Wärmeisolierung
aus : entweder besonders dichtes Haar/Federkleid oder eine Fettschicht. Einige
Tiere halten Winterschlaf, so zum Beispiel das Murmeltier. Die Aktiven wandern
entweder in die Wälder der Tallagen, wie die Gämse, oder in die Höhen, wie der
Steinbock. Dieser profitiert im Winter von den besonders nahrhaften Pflanzen
der Hochlagen : Sie enthalten mehr Eiweiß und Mineralstoffe als die der unteren
Regionen.51
Die Gewässer des Hochgebirges hingegen zeichnen sich durch eine große Ar-
tenarmut aus, da das Wasser kalt und sauerstoffarm ist. Meist wird es nur von
Kleinkrebsen, Kaulquappen und Alpenmolchen bewohnt. Fische können in Ge-
birgsbächen erst dann leben, wenn die Fließgeschwindigkeit langsam genug ist
(günstig sind 60–20 cm/sec., möglich bis 2 m/sec.). Typische Arten sind Bach-
48 Eugippius, Vita Severini c. 29 ; Arbeo von Freising, Vita Corbiniani c. X, (vita retractata) ed. Glaser/
Brunhölzl 111. Auch bei Paulus Diaconus Hist. Lang. IV 37 gibt es ein hilfreiches Wildtier. Siehe
dazu auch das Kapitel „Wahrnehmung der Alpen“ ab S. 100.
49 Plinius d. Ä. Nat. Hist. VIII 79.53 ; Probus 19, 4 ; Script. Hist. Aug. Gord. 3,7.
50 Veit, Alpen 179.
51 Ebd. 182 ff.; Franz, Ökologie der Hochgebirge 186 ff.
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Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361