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Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Seite - 184 -
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184 Menschen in den Alpen Die Quellen erzählen noch um die Mitte des 9. Jh. und später von vereinzelten Heiden. So verbietet etwa das Capitular von Ivrea63 heidnische Tätigkeiten an Bäumen und Quellen, das des Atto von Vercelli die Konsultation von Magiern und Zauberern.64 Doch die Grenze zwischen organisiertem heidnischen Kult und schlichtem Aberglauben bzw. Traditionen, deren heidnischer Ursprung den Aus- übenden nicht mehr bewusst ist, ist schwer zu ziehen.65 Viele dieser frühmittelal- terlichen Verbote von heidnischen Praktiken basieren außerdem auf antiken Topoi und entsprachen möglicherweise gar nicht mehr der Realität. Paulus Diaconus berichtet von einer offenbar vergangenen langobardischen Sitte, eine Stange am Friedhof aufzustellen, wenn jemand auswärts verstorben war.66 Er informiert ohne weiteren Kommentar – wahrscheinlich, weil die Ausübung dieser Sitte in der Ver- gangenheit lag und der dahinterliegende heidnische Götterglaube gar nicht mehr erkannt wurde. Letztendlich gibt es in den Alpen kaum aussagekräftige Quellen über das Heidentum, nicht einmal in den nach den Quellen des 7. und 8. Jh. so heidnischen Ostalpen. Ob sich ein antikes Restheidentum gerade in den Alpen besser halten konnte als anderswo, kann daher nicht gesagt werden. Dem oftmaligen Versuch, heutige Bräuche in die ferne Vergangenheit zu datie- ren, kann daher nur mit Skepsis begegnet werden.67 Gerade in der Populärwissen- schaft werden diese oft als „germanisches Brauchtum“ gedeutet und offenbaren so deutlich ihre Herkunft aus einem ideologisch geprägten Wunschdenken.68 Patrozinien Schon seit der Zeit um 400 war es üblich, eine Kirche der Schutzherrschaft eines Heiligen oder einer Heiligen anzuvertrauen. Der/die in der Kirche bestattete oder dort durch Reliquien präsente Heilige sollte den ihn/sie Verehrenden beim Jüngs- ten Gericht zur Seite stehen. Dass Heilige auch zu Lebzeiten des/der Hilfesuchen- 63 MGH Capit. Epis. Teil 3 CAP. X, S. 242. Es ist nicht ganz klar, wo der Text verfasst wurde, Indizien deuten auf die Nähe der Westalpen, weshalb er auch hier erwähnt wird. 64 MGH Capit. Epis. Teil 3 CAP. XLVIII, S. 281. 65 Padberg, Die Christianisierung Europas 62 ff. 66 Paulus Diaconus Hist. Lang. V 34. 67 Zu dieser speziellen Form der „Alpenkultur“ und „traditionellen Bräuchen“ siehe Bätzing, Alpen 263 ff. sowie allgemein Hobsbawm, Ranger (Hg,), The invention of tradition. 68 Im deutschsprachigen Raum werden etwa Perchten und Perchtenläufe ausschließlich ethnisch in- terpretiert („keltisch“, „germanisch“, „romanisch“ etc.). Da z. B. in den Pyrenäen (Bielsa, Carnevals- figuren „las Trangas“) und auf Sardinien („Mamuthones“, „Boes e Merdules“) ähnliche Bräuche herrschen könnte man diese hingegen sehr gut in eine viehwirtschaftlich ausgerichtete Gesellschaft platzieren. Die Wurzeln liegen dabei in den im Mittelalter so beliebten Karnevalsbräuchen.
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Die Alpen im Frühmittelalter Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Die Alpen im Frühmittelalter
Untertitel
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Autor
Katharina Winckler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2012
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78769-3
Abmessungen
17.0 x 24.0 cm
Seiten
426
Schlagwörter
Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
Kategorien
Geographie, Land und Leute Bergbücher

Inhaltsverzeichnis

  1. 1: Einleitung 9
    1. Forschungsgeschichte und Literatur 12
    2. Quellen und Methoden 18
  2. 2 : Naturraum Alpen 22
    1. Begriffsdefinitionen 22
    2. Geologie 25
    3. Böden 27
    4. Wasser 28
    5. Naturkatastrophen 30
    6. Vegetationszonen 32
    7. Fauna 35
    8. Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
    9. Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
    10. Das Gebirgsklima 39
    11. Lokale Faktoren 40
    12. Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
    13. Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
    14. Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
    15. Das Klima des Frühmittelalters 49
    16. Globale Klimarekonstruktion 50
    17. Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
    18. Auswirkungen auf den Menschen 55
    19. Zusammenfassung 60
  3. 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
    1. Die Alpen als Grenze 62
    2. Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
    3. Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
    4. Karolinger und Ausblick 81
    5. Grenzen in den Alpen 83
    6. Konzept 83
    7. Grenzorganisation in den Alpen 87
    8. Bergwächter und militante Einheimische 87
    9. Befestigungen 90
    10. Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
    11. Römern bis Heinrich IV 100
    12. Zusammenfassung 110
  4. 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
    1. Geschichte und Strukturen 115
    2. Wahl des Passes und der Jahreszeit 119
    3. Pilgerwege durch die Alpen 126
    4. Routen durch die Alpen 129
    5. Westalpen 130
    6. Zentralalpen 133
    7. Ostalpen 143
    8. Quer- und Wasserwege 150
    9. Fernhandel 153
    10. Exportprodukte der Alpen 161
    11. Salz 161
    12. Stein 164
    13. Erze 165
    14. Zusammenfassung 169
  5. 5 : Menschen in den Alpen 172
    1. Christentum 172
    2. Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
    3. Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
    4. Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
    5. Neuorientierung, Untergang 187
    6. Lokale christliche Topografie im Wandel 193
    7. Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
    8. Neugründung oder Kontinuität ? 203
    9. Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
    10. Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
    11. Klöster in den Alpen 219
    12. Westalpen 223
    13. Zentralalpen 224
    14. Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
    15. Ostalpen 230
    16. Besiedlung 235
    17. Zentren 236
    18. „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
    19. Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
    20. Höhensiedlungen und Burgen 249
    21. Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
    22. Wohnen im Frühmittelalter 259
    23. Siedlung : Lage und Versorgung 262
    24. Besiedlungsdichte 265
    25. Wirtschaft 268
    26. Alm- und Viehwirtschaft 271
    27. Ackerbau 279
    28. „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
    29. Bevölkerung 284
    30. Migration 285
    31. Zusammenfassung 294
  6. 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
    1. Die Westalpen : Burgund und Provence 300
    2. Der zentrale Alpen- und Voralpenraum 305
    3. Der Ostalpenraum : Von Binnennoricum zu Karantanien 319
    4. Das 6. Jahrhundert 319
    5. Das 7. Jahrhundert 321
    6. Das 8. Jahrhundert 332
    7. 9. Jahrhundert und Ausblick 340
  7. 7 : Resümee 344
  8. 8 : Abbildungen 353
    1. Überblickskarten 353
    2. Farbabbildungen 357
    3. Bildnachweis 359
  9. 9 : Literaturverzeichnis 361
    1. Internetadressen Alpenforschung 361
    2. Abkürzungen 361
    3. Quellen 362
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