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36 Naturraum Alpen
forellen, Äschen, Barben und die Brasse.52 Fischerei und Fischrechte sind in den
Ostalpen schon ab dem späten 8. Jh. belegt.53
Einstige Fauna und Flora der Alpen
Die Vegetation der Alpen, wie sie sich uns heute präsentiert, entspricht nicht ihrem
natürlichen Zustand. Ursprünglich waren die Alpen der Nacheiszeit von dichten
Wäldern bedeckt.54 Doch der Mensch lebt schon seit Tausenden von Jahren in
den Alpen und passte die Umwelt seinen Bedürfnissen an. Auch scheinbar ab-
gelegene Gebirgstäler zeigen schon früh Spuren intensiver menschlicher Bewirt-
schaftung. Die wichtigste Methode zur Rekonstruktion der historischen Vegeta-
tion ist die Untersuchung von Pollenprofilen. Hierbei kann aus den Schichtprofilen
bestimmter Böden rekonstruiert werden, welche Pflanzen in welcher Abfolge in
dem untersuchten Gebiet vorkamen.55 Als Anzeiger menschlicher Landwirtschaft
können Pollendiagramme aber nicht uneingeschränkt genutzt werden, denn sie
zeigen einige wichtige menschliche Kulturpflanzen wie etwa die Bohne oder Erbse
kaum an. Viele Getreidesorten sind von ihren wilden Verwandten nicht zu unter-
scheiden, außerdem kann Getreide ab einer Distanz von 1,5 km zur entnomme-
nen Probe nicht mehr gemessen werden.56 Dennoch sind viele Aussagen über Ro-
dungsaktivitäten, Weidetätigkeit, Siedlungstätigkeit und auch Ackerbau möglich.57
Die Grundlagen der alpinen Wirtschaft waren Transhumanz und Ackerbau.58
Die natürlich waldfreien Matten der Almen und Hochalmen boten den Tieren ge-
nug Nahrung, im Tal war Ackerbau möglich. Erste Brandrodungen zur Gewinnung
von Almland setzten im Neolithikum an den Süd- und Westabhängen der Alpen
ein. Bereits in dieser Zeit wurde die Waldgrenze vom Menschen durch das Ab-
brennen und die Anlage von Viehweiden nach unten gedrückt.59 Schon um 4.000
v. Chr. dürfte auch die klimatisch ungünstigere Nordseite der Alpen erschlossen
worden sein. Der Kupferreichtum dort brachte einen erneuten Bevölkerungsschub,
der wiederum einen Ausbau der Viehwirtschaft und des Ackerbaus in den jeweili-
52 Veit, Alpen 84 ; Franz, Ökologie der Hochgebirge 410 ff.
53 BN 4,4 ed. Lošek 95 ; Erhart/Kleindinst, Urkundenlandschaft Rätien 42 und Urkunde Nr. 33 S. 211.
54 Bätzing, Alpen 39.
55 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 3 f.
56 Drescher-Schneider, Vegetations- und Besiedlungsgeschichte 185.
57 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 671 f.
58 Über Land- und Almwirtschaft mehr im entsprechenden Kapitel ab S. 271.
59 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 37.
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Buch Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800"
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361