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Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 39
Be richten immer Winter.70 Auch heute wird noch oft angenommen, dass das ver-
meintlich schlechte Klima des Gebirges Menschen der Spätantike und des frühen
Mittelalters von einer dichteren Besiedlung der Alpentäler abgehalten hätte. Doch
wie hier gezeigt werden wird, unterscheiden sich die klimatischen Bedingungen
vieler Talzonen wenig von den benachbarten der Ebenen. Mancherorts bewirkt
die Topografie des Gebirges sogar eine Begünstigung der Siedlungsorte, insbeson-
dere am Südrand der Alpen und im Gebirgsinneren.
Das Klima des europäischen Großraumes hat, wie die Forschungen der letzten
Jahrzehnte zeigte, seit dem Ende der letzten Eiszeit zahlreiche Schwankungen
erlebt. In den letzten 10.000 Jahren hatte es mehrere unterschiedlich stark aus-
geprägte Warm- und Kaltzeiten gegeben, deren bekannteste wohl die erst An-
fang des letzten Jahrhunderts zu Ende gegangene sogenannte „kleine Eiszeit“ ist.71
Auch für die Spätantike und das frühe Mittelalter wird oft eine Kaltphase ange-
nommen, die manchmal mit der dünnen Besiedlung der Alpen in Zusammenhang
gebracht wird.
In diesem Kapitel wird daher der Frage nachgegangen, welche klein- und
großräumigen klimatischen Faktoren in den Alpen wirksam sind und welche Ef-
fekte eine klimatische Verschlechterung auf die alpine Bevölkerung gehabt haben
könnte.
Das Gebirgsklima
Die Alpen befinden sich im Übergangsgebiet von drei großen europäischen Klima-
zonen : der kontinentalen im Osten, der maritimen im Westen und der mediter-
ranen Klimazonen im Süden. Wind und Tiefdruckgebiete ziehen meist aus dem
Westen und Nordwesten, vom Atlantik kommend, über die Alpen. Dies bringt
an der Nord- und Westseite der Alpen Niederschläge und ein maritimes Klima.
Die westexponierten französischen Alpen erhalten bis zu 4.000 mm Niederschlag
im Jahr, der Sommer ist allerdings aufgrund des mediterranen Klimas fast nie-
derschlagsfrei.72 Im Gegensatz dazu fällt in den Ostalpen der meiste Regen im
Sommer.73 An den Südabhängen der Alpen spielt das Mittelmeerklima eine Rolle,
das durch heiße, trockene Sommer, feucht-milde Winter und eine verhältnismäßig
70 Acolat, Montagne 32 ff. Siehe dazu auch das Kapitel „Wahrnehmung“ ab S. 100.
71 Über die Auswirkungen dieser Kälteperiode gibt es zahlreiche Publikationen : Le Roy Ladurie, His-
toire du climat ; Wigley (Hg.), Climate and history ; Pfister, Variations in the Spring-Summer Climate
u. a., etc.
72 Kral, Waldgeschichte der Alpen 9.
73 Burga (Hg.), Gebirge 98.
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Buch Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800"
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361