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150 Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege
erkennen, dass es zunächst die Pässe der Hohen Tauern waren, für die die Maxi-
milianzelle angelegt und der Raum herrschaftlich erschlossen wurde. Die Route
über den Radstädter Tauern biegt einige Kilometer nördlich von Bischofshofen in
das Fritztal ab,191 während der noch im hohen Mittelalter viel begangene Weg von
Rauris über das Hochtor192 direkt am Ort vorbeiführt. Zusätzlich liegt Bischofsho-
fen auf der anderen Seite der Salzach und hätte damit ein Queren des Gebirgsflus-
ses notwendig gemacht – ein Unterfangen, das im frühen Mittelalter erheblichen
Aufwand bedeutet hätte. Wäre es bei der Gründung des Klosters in Bischofshofen
also um den Radstädter Tauernpass gegangen, so wäre es einige Kilometer nörd-
lich am anderen Salzachufer angelegt worden (siehe Abbildung 11).
Quer- und Wasserwege
Für den Verkehr über die Alpen waren nicht nur die direkten Nord-Süd-Verbin-
dungen wichtig, sondern auch Pässe und Täler die quer durch das Gebirge führten.
Die Querverbindungen des Wallis mit dem Rheintal hatten nur lokale Bedeutung,
da sie mühselig zu begehen waren. Dennoch gibt es für die Nutzung im 8. Jh. eine
Quelle : Die Heiligen Felix und Regula gingen laut ihrer Passio vom Wallis über
Glarus nach Zürich. So fiktional dieser Text ist, so dürfte doch die Wegbeschrei-
bung der damals üblichen Routenwahl entsprechen.193 Die Verbindung über den
Oberalppass führt in das Vorderrheintal. Hier wurde Anfang des 8. Jh. das Kloster
Disentis am Fuß des Lukmaniers gegründet. Schon davor zog der Greinapass eini-
ges an Verkehr an, das Tal war damit gut ausgebaut.194
Es wurde oben schon gezeigt, dass weiter im Osten die Nutzung der Wege von
Chur in den Vinschgau und weiter nach Meran und in das Etschtal nach Trient
ebenfalls gut belegt ist. Weiter südlich gibt es Hinweise darauf, dass das Veltlin
befände sich am Weg zum Radstädter Tauernpass. Die auf diesen Karten abgebildete Route ist al ler-
dings eben nicht der Radtstädter Tauernpass, sondern die nicht einfach begehbare Arlscharte. Der
Radstädter Tauernpass hingegen liegt in der Realität viel weiter östlich.
191 Zum römischen Routenverlauf : Heger, Die Römerzeit 85.
192 Klein, Salzburg 279.
193 Die Thebäische Legion, ed. Bütler 31 und 56. Dazu mussten die Heiligen den Furkapass über-
schreiten und die damals unbegehbare Schöllenenschlucht umgehen. Deshalb querten sie wohl
den Oberalppass, um dann in das Vorderrheintal zu gelangen. Zwischen dem Vorderrheintal und
Glarus erheben sich die Glarner Alpen mit ihrer höchsten Erhebung, dem 3.614 m hohen Tödi.
Also mussten erneut die Berge erklommen werden. Hier würden sich der Kistenpass (2.730 m)
oder besonders der Panixerpass (2.407 m) anbieten. Beide Pässe wurden im Mittelalter und in der
Neuzeit rege begangen.
194 Büttner, Bündner Alpenpässe 247 ; Kaiser, Churrätien 134 ff.
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Buch Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800"
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361