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3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen
Lange Zeit galten die Alpen als unwirtlicher Lebensraum mit wilden Bewohnern :
Für die aus südlichen Regionen kommenden Römer war das Gebirge zunächst das
Land der Barbaren. Doch spätestens als der Raum kurz vor der Zeitwende erobert
wurde, begann sich die antike Kultur auch in den Tälern der Alpen auszubreiten.
Die Berichterstattungen über die Berge änderte sich dennoch wenig, denn die
Schriftsteller der Antike und des Frühmittelalters stammten in den seltensten Fäl-
len aus den Alpen und viele hatten darüber hinaus das Gebirge niemals betreten.
Dieser verzerrte Blick schuf einige Topoi, deren Wandel im Lauf der Antike zum
frühen Mittelalter hier untersucht werden wird.
Die Außensicht wurde auch von der Herrschaft über die Alpen bestimmt : Mit
der Eroberung der Römer waren die Alpen Teil eines Reiches, das sein Zentrum
außerhalb des Gebirges hatte. Dies änderte sich auch nicht, als das römische Im-
perium zerbrach. Die Herrscher der umliegenden Reiche mussten sich aus politi-
schen Gründen der alpinen Regionen versichern und schufen so ein Beziehungs-
netzwerk in das Gebirge hinein – selten jedoch umgekehrt. Der Hintergrund dieser
Flechtwerke von Verbindungen bildet die Ereignisgeschichte, die jetzt skizziert
werden wird. Denn so autonom auch einige Gebiete der Alpen auf lokaler Ebene
agieren konnten, es war letztendlich der Zugriff von außen, der das Leben der
Alpenbewohner mehr und dauerhafter beeinflusste als die regionalen Machthaber.
Die Alpen als Grenze
Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität
Aus römischer Sicht waren die Alpen lange Zeit eine natürliche Grenze, sie galten
als „Mauern Italiens“.1 Cicero sah Ende des 1. Jh. v. Chr. sogar einen göttlichen
Wink in der Existenz der Alpen, da diese als Mauer Italien beschützen.2 Dieser
1 Cicero Phil. V 37, in Pis. 33 ; Plinius d. Ä. Nat. Hist. III 31, XII 5. Livius XXI 35 ; Herodian VIII 1.5 und
eine späte Erwähnung noch in Isidor Etym. XIV 8.18.
2 Cicero Orationes : De prov. cons. XIV 34 : „Alpibus Italiam munierat antea natura non sine aliquo
divino numine.“
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Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361