Seite - 46 - in Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Bild der Seite - 46 -
Text der Seite - 46 -
46 Naturraum Alpen
Vergleich zu den maritimen Nordalpen ein relativ kontinentales Klima. In Schöder
am Fuß des Sölkpasses und in Kraubath zwischen Leoben und Knittelfeld bei-
spielsweise regnet es unter 800 mm pro Jahr, wobei nur 33 mm im Jänner fallen,
die Winter also recht schneearm sind. Dies hat entsprechende Auswirkungen auf
die Vegetation : Hier ist nicht nur der Niederschlag, sondern auch der Schnee sehr
wichtig. An schneearmen Standorten durchfriert der Boden jeden Winter bis über
1 m Tiefe. Das bedeutet eine große Belastung für die Vegetation aber auch für be-
stimmte Tiere. Schneebedeckte Böden hingegen frieren bis maximal 20 cm unter
der Erdoberfläche. 108
Typisch für viele ostalpine Regionen ist die Inversion (siehe oben), die beson-
ders im Jänner zu sehr kalten Temperaturen in den Talbeckenlagen führt. In den
Talauen sammelt sich die Kälte und an manchen Orten, wie dem unteren Ranten-
tal und dem Ingeringtal, fällt die Temperatur nicht selten unter –30 °C. Gerade
hier haben die Hanglagen ein günstigeres Klima im Vergleich zu Talstandorten.
Dies liegt auch am Nebel, der aufgrund der Inversion entstehen kann. Beispielhaft
werden hier die Daten von Klagenfurt auf 447 m mit der etwa 40 km westlich
davon gelegenen Kanzelhöhe auf 1.526 m verglichen : Während die Kanzelhöhe
im November und Dezember etwa sechs sonnenlose Tage pro Monat verzeichnet
und meistens deutlich unter fünf bleibt, steigt im Klagenfurt zwischen Oktober und
Februar die Anzahl auf durchschnittlich über zehn sonnenlose Tage, davon alleine
15 im Dezember. Die lokalen Windverhältnisse können diese Extreme ausgleichen
und verringern Inversion und (Hoch-)Nebellagen. So profitiert das Pölstal von
der guten Durchlüftung, im Winter fällt dafür so wenig Niederschlag, dass sich oft
nicht einmal eine durchgehende Schneedecke bilden kann.
Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen
Die Gebirgsränder fangen einen großen Teil der feuchten Luftströmungen ab, die
vom Atlantik und dem Mittelmeer kommend über Mitteleuropa ziehen. Deshalb
ist das Kalkmassiv Chartreuse in 1.050 m Höhe, wo das namensgebende Kartäu-
serkloster Grand Chartreuse liegt, mit 2.500 mm/Jahr das feuchteste Gebiet
Frankreichs.109 Auch die Schweizer Nordalpen haben verhältnismäßig viel Nieder-
schlag, z. B. in St. Gallen 1.265 mm/Jahr und Zürich 1.103 mm. Im Sommer gibt
es oft starke Bewölkung und im Frühjahr und Herbst Föhn.110 Durch die geringere
108 Franz, Ökologie der Hochgebirge 119 ff.
109 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 58.
110 Ebd. 74.
zurück zum
Buch Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800"
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361