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126 Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege
mitteln erforderte. Bei bestimmten Gütern war ein Wintertransport wohl günsti-
ger. Die Marmorsteine, die sich der Praeses Victor Anfang des 8. Jh. von Trient
und dem Vinschgau nach Chur bringen ließ, mussten über zwei Pässe transportiert
werden. Je nach Routenwahl ging es über den Reschen- (1.504 m) oder Ofenpass
(2.149 m) und dann noch über den Flüelapass (2.383 m). Der Vinschgau könnte
bis zum Reschenpass im frühen Mittelalter mit Karren befahrbar gewesen sein55,
spätestens beim Flüelapass musste allerdings ein anderes Transportmittel gewählt
werden. Esel können ein Gewicht bis zu 100 kg tragen, doch böte sich als einfachs-
tes Transportmittel der Schlitten an.
Zuletzt bevorzugte besonders der Handel Routen, die im Netzwerk der euro-
päischen Wasserwege günstig lagen, also schnell zu Rhein, Po, Donau oder Rhône
führten. In den Quellen ist erkennbar, dass bei den Bündner Pässen die Güter über
den Bodensee oder Walensee geschifft wurden und dann bei den oberitalienischen
Seen wieder auf Schiffe umgeladen wurden.56 Der Genfer See war ebenfalls ein
gern genutzter Wasserweg.
Pilgerwege57 durch die Alpen
Ab der Spätantike brachte der Erfolg des Christentums auch in den peripheren
Regionen des Römischen Reiches ein zunehmendes Pilgerwesen und daraus resul-
tierend ein Netzwerk von Fernwegen mit sich. Dabei spielten die Alpenübergänge
eine wichtige Rolle, denn neben Jerusalem war Rom das bedeutendste Ziel. Men-
schen, die aus Mittel- und Nordeuropa nach Rom wollten, querten normalerweise
die Alpen. Dies galt teilweise auch für Konstantinopel oder Jerusalem als Reiseziel,
denn für die aus der Provence oder Aquitanien kommenden Pilger und Pilgerin-
nen war dies der schnellste Weg, falls sie sich keine Schiffsreise leisten konnten.
Der Donauweg wurde erst ab Pannonien genutzt. Aus dem Jahr 333 erzählt ein
Pilger aus Bordeaux von seiner Reise ins Heilige Land. Er bewegte sich fast aus-
schließlich über Land, seine Route führte ihn von seiner Heimatstadt über den
Montgenèvre, Oberitalien, den Hrušica und die Drau an die Donau und von da
weiter nach Süden.58
55 Kaiser, Churrätien 175 ; Grabherr, Händler und Legionäre 39 f.
56 Eitel, Die historische Verkehrsfunktion des Bodenseeraumes 85 ; Kaiser, Churrätien 223 ff.; Tremp
(Hg.), Eremus und Insula 15 ; Bünd. UB Nr. 113 a. 955, S. 92, S. 382 f. (Rät. Reichsguturbar).
57 Die Begriffe „Pilgerwege“, „Pilgerberichte“ etc. gelten für Pilger wie Pilgerinnen, da Frauen ebenso
wie Männer diese Fahrten unternahmen.
58 Itinerarium Burdigalense sive Hierosolymitanum 555–560 ; Donner, Pilgerfahrt 35 u. 43 ff.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361