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4.1. QUALIFIZIERUNGALSWISSENSCHAFTLER 297
Teil desDachbodenraums zurAufbewahrung unsererHabe für die Zeit derAbwesenheit.
Hans Czermak half uns, die Wohnung auszuräumen und zwei Stockwerke höher unter
demDach zuverstauen. Zudemkaufte ich einenneuenVW-Käfer inUS-Ausführungund
gabmeinenBMWdafür in Zahlung. In jenen Jahren konntemanVWs in denUSAdem
Vernehmennachwieder gut verkaufen,wasdann fürdasEndedesAufenthaltsmeinPlan
war.
NachVerabschiedungen vonCzermaks,meiner Schwester und denKollegen (ua. beim
Jugo)machten wir unsmit unserem neuenVWamFreitag 31.7.1970morgens um 7 zu
unserer großen, fast einjährigen Reise auf.29Wir hatten für uns drei und das Auto eine
Überfahrt vonGenuanachNewYork auf dem italienischenLuxusschiffRaffaelo gebucht.
Wirmußten alsomit demWagen erst einmal nachGenua fahren.
AmComer See gab es leider Ärgermit der Polizei, die uns von hinten überholte und
anhielt. Ich versuchtemein Italienisch bestmöglich einzusetzen, um herauszubekommen,
was man mir vorhielt. Angeblich hätte ich ein Moped überholt, ohne Blinkzeichen zu
geben.Dafürwolltemanmir 3.000Lire abknöpfen.Eswardamalswohlbekannt, daß sich
die italienischenPolizistenvondeutschenTouristenaufdieseWeiseeinZubrotverdienten,
das in ihren Taschen verschwand.Wir verhandelten mindestens eine Viertelstunde, bis
völlig unerwartet Jutta mit der kleinenMiriam auf demArm aus demWagen ausstieg
undaufgebracht auf uns zukam. Da fährtman schonmit dem teuren italienischen Schiff
und dannwirdman von diesen Scheiß-Italienern auch noch derart schikaniert! schrie sie
den beiden Polizisten ins Gesicht und kehrte zurück zumAuto. Einen solchmutigen
aber auchhöchst gefährlichen Ausbruchhätte ich ihr gar nicht zugetraut.Mir stockte
das Herz. Nach langen Momenten der Sprachlosigkeit sagte der ältere der beiden auf
Italienisch eindringlichst zumir in etwa: Sagen Sie Ihrer Frau, Sie solle sich unbedingt
mäßigen, und fahrenSie jetztmöglichst schnell weiter. Ich stieg sofort indenWagenund
fuhr so ordentlichwiemöglich, innerlich aber höchst erregt davon.
Wir diskutiertenwährend der Fahrt noch lange darüber, wie es zu diesemSinneswan-
del bei den Polizisten hat kommen können, die so um ihre 3.000 Lire gekommenwaren,
und versuchten folgende Erklärung. Natürlich verstanden die beiden durchaus recht gut
Deutsch, auch wenn sie mich zum Italienisch gezwungen hatten. Der Tatbestand der
Beamtenbeleidigung war also unzweifelhaft gegeben und hätte uns um das rechtzeitige
ErreichenvonGenuabringenkönnen.Aber einekreischendeMamamit einemeineinhalb-
jährigen Kind auf dem Arm verfehlt bei einem italienischen Mann so gut wie nie ihre
Wirkung, was immer sie auch von sich gibt. Da geht man als Italiener einer weiteren
29Schilderungen zu derReise finden sich imAOReflexionen unterR.1.3, S.198ff.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427