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4.2. KIETABLIERUNG 339
DieseDarstellung zeigt, daß die volleVerantwortung für dieses Fehlurteil letztlichwei-
testgehend bei Herrn Bauer lag. Da normalerweise ein gescheiterter Habilversuch das
Ende einer akademischenKarriere bedeutete, hatte er damit gegen beide oben genannte
Grundsätze in extremerWeise verstoßen. Denn er wollte mit dieser Entscheidung eine
ihm unangenehme Fachrichtung in seinemMachtbereich schlicht unterbinden und einen
vielversprechenden jungenWissenschaftler nicht zuletzt auch aus persönlichenGründen
mundtot machen, den er in seinemMachtstreben inzwischen als hinderlich einschätzte.
Einen vergleichbar massiven Verstoß gegen diese hehren akademischen Grundsätze hat
es nachmeiner in einem halben Jahrhundert erlebten akademischen Erfahrung nirgends
so offenkundig gegeben.Denn üblicherweise gehtman in solchenFällen viel subtiler und
undurchschaubarer vor.
Natürlich ist niemand vor Fehlern gefeit. Der Verstoß gegen diese beiden Grundsätze
imFalle desBibelschenHabilverfahrenswar aber kein singulärerFehler vonHerrnBauer,
sondern spiegelte seine grundsätzlicheEinstellungwider.Diese läßt sichdaher auchanei-
nerReiheweitererBeispiele erkennen,wennmannurgenauerhinsieht.Einigedavonseien
jeweils kurz geschildert. Die Herren Paul und Eickel waren die erstenNeuberufungen in
der entstehenden Informatik anderTUM.Paul gehörte schon 1957 zurGruppeumBau-
er, Eickel kamAnfang 1962 während derMainzer Jahre hinzu. Beide habilitierten 1969
an der TUMundwurden an der gleichen Universität 1970 bzw. 1971 zum ordentlichen
Professorberufen (üblicherweiseals Hausberufung inDeutschlandakademischverpönt).
ZumZeitpunkt seiner Berufung konnteHerr Eickel eine einzige Veröffentlichung vorwei-
sen, die dreiweitereAutorennennt.83Unter keinendenkbarenUmständenwäre andieser
oder irgendeiner anderen Universität eine Berufung angesichts dieser dürftigsten Bilanz
wissenschaftlicherProduktivitätmöglichgewesen.Bauer jedochgelanges, dieseBerufung
für einen seiner Getreuen durchzusetzen, von dem er sicher jegliche Unterstützung sei-
ner künftigenMachtposition erwarten konnte. Auch damit verstieß er aus eigennützigen
Motiven massiv gegen die beiden genannten Grundsätze. Denn mit der Berufung einer
Person, die zumFortschritt derWissenschaft nichts beitrug und gegenüber anderen viel
produktiverenKandidat|inn|enauf Jahrzehntedie Stelle blockiert, behindert er denFort-
schritt undbevorzugt diePerson inunfairsterWeise. IndenJahrzehnten seinerTätigkeit
als Professor an der TUM kann Herr Eickel zudem nur eine einzige selbstverfaßte und
eine weitere zusammenmit einem sehr produktivenKollegen verfaßte Arbeit vorweisen.
Und dieserMann scheute sich nicht, eines der drei vernichtendenGutachten übermeine
Arbeit zu verfassen! Bei seinerAbhängigkeit vonBauer hatte er zugegebenermaßen aber
keine andereWahl.
83http://dblp.uni-trier.de/pers/hd/e/Eickel:Jürgen, Zugriff 24.7.2016.
Reflexionen vor Reflexen
Memoiren eines Forschers
- Titel
- Reflexionen vor Reflexen
- Untertitel
- Memoiren eines Forschers
- Autor
- L. Wolfgang Bibel
- Verlag
- Cuviller Verlag Göttingen
- Ort
- Göttingen
- Datum
- 2017
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-SA 4.0
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 464
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung 1
- Vorfahren 11
- Kindheit 51
- Zielsuche 153
- Forscherleben 281
- Resümee 413
- Stichwort- und Namensverzeichnis 427