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34 Naturraum Alpen
chen.41 Die verschiedenen Obergrenzen und unterschiedlichen Arten resultieren
aus dem genauen Standort in den Alpen. Der östliche Alpennordrand ist beispiels-
weise deutlich kühler als der westliche Alpensüdrand. Gegen Norden hin dominie-
ren dementsprechend mitteleuropäische Arten, während im Süden und Südwes-
ten die mediterrane Vegetation stärker vertreten ist. Am Ostalpenrand kann man
einen pannonischen Einfluss bemerken.42
In den nördlichen Ostalpentälern herrschen Fichtenwälder vor, nur auf be-
stimmten Böden kann bis 1.000 m die Buche auftreten. Die hier in den subalpi-
nen Stockwerken so häufig anzutreffende Latsche ist in den Westalpen fast unbe-
kannt.43 Eine markante botanische Grenze zwischen westalpinen und ostalpinen
Arten bildet der Brenner.44 Im Alpeninneren und im Südwesten sind die Grenzen
der Vegetationsstufen nach oben verschoben, am Alpennordrand und weiter im
Osten nach unten. Der alpine Rasen reicht am zentralalpinen Monte Rosa (4.634
m) bis auf über 3.000 m hinauf, hingegen am nordöstlich gelegenen Großglockner
(3.797 m) nur bis etwa 2.500 m. Zwergsträucher und Rasen kommen im Himalaya
übrigens bis auf fast 6.000 m Höhe vor.45 In einer günstigen Hangrichtung wach-
sen in Briançon, am Fuß des Montgenèvre im Inneren der Westalpen, noch bis
auf eine Höhe von 1.600 m Quitten, Äpfel, Birnen und Kirschen. Getreide kann,
wie im Wallis, bis auf über 2.100 m Höhe angebaut werden. Hier reicht die kolline
Stufe bis auf 800 m.46 Im Inntal hingegen wächst Gerste nur bis auf 1.400 bis 1.700
m, an der Salzach liegt die Getreidegrenze bei 1.000 bis 1.200 m und in der Mur/
Mürz-Furche ganz im Osten gar nur mehr bei 800 bis 1.000 m. Das Drautal ist ganz
im Westen geschützt genug für günstige Bedingungen : In Kartitsch zwischen In-
nichen und Lienz kann man bis 1.600 m Getreide anbauen. Doch Richtung Osten
hingegen, wo das Gebirge niedriger wird, sinkt die Grenze des Anbaus wieder : In
Nordkärnten ist Getreideanbau bis rund 1.100 m möglich, in den Karawanken bloß
bis 800 m Höhe.47 In den Südabhängen der Alpen, besonders im Tessin, können
auch empfindliche Kulturpflanzen wie die Edelkastanie, Wein, Obst, bestimmte
Gemüsesorten und Weizen leicht gedeihen, während die Getreidewirtschaft am
bayerisch-österreichischen Nordrand so unergiebig ist, dass sie heutzutage fast
nicht mehr betrieben wird.
41 Veit, Alpen 158 ff.; Bätzing, Alpen 37.
42 Birkenauer, Alpen 180 ff.
43 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 98.
44 Ebd.100.
45 Ebd. 34.
46 Kral, Waldgeschichte der Alpen 9.
47 Birkenhauer, Alpen 101.
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Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361