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Einstige Fauna und Flora der Alpen 37
gen Regionen bedingte.60 Durch die Einwanderung des Menschen in das Gebirge
wurden hier auch Tierarten heimisch, die vorher entweder gar nicht oder nur in
bestimmten Regionen der Alpen aufzufinden waren. Ein wenig bekanntes Beispiel
dafür ist das Murmeltier, das ursprünglich nur in den Schweizer Alpen und in der
Hohen Tatra verbreitet war und sich erst durch Aussetzung durch Menschen in
den Ostalpen und den Pyrenäen einbürgern konnte.61
Die Auswirkung der römischen Eroberung der Alpen auf den Naturraum ist
wenig erforscht, Abholzungen und Urbarmachungen dürften aber zugenommen
haben. Am Simplonpass wurden die Wälder sogar schon seit etwa 4.000 Jahren
gerodet, bis schließlich um das Jahr 1000 der Wald fast vollständig verschwunden
war.62 Im nördlichen Voralpenraum führten lokale Rodungen in römischer Zeit zu
einer erhöhten Bodenerosion. In der Völkerwanderungszeit kam es dann dort zu
einer Wiederbewaldung und erst im 8. Jh. kann wieder eine flächenhafte Waldzer-
störung festgestellt werden. Diese erfolgte aufgrund der Intensivierung der Land-
wirtschaft und vor allem des Bergbaus.63 Auch in anderen voralpinen Gebieten
dürfte der Bergbau schon recht früh zu Abholzungen geführt haben, da in dieser
Region die Buche ihr natürliches Habitat hat. Dieser Baum liefert bei Verbrennung
die höchsten Temperaturen und war deshalb zur Herstellung von Holzkohle und
bei der Erzgewinnung besonders beliebt.64
Aus dem Gebiet des Erzberges liegen Pollenuntersuchungen vor. Diese zeigen
für das frühe Mittelalter bis Ende des 8. Jh., dass Birke und Erle auf den ehemali-
gen römischen Rodungsflächen zunahmen. Siedlungszeiger traten zurück, es gibt
aber ausreichend Getreidefunde, die auf menschliche Siedlungen hindeuten. In
den Wäldern vermehrten sich vor allem Tanne und Fichte, das Buchenvorkommen
ging zurück. Für die römische Zeit zeigen die Diagramme hingegen eine Zunahme
der Buchen. Da das Holz dieses Baumes einen besonders hohen Brennwert hat,
kann ein Zusammenhang mit der Erzgewinnung vermutet werden. Den größten
Einfluss auf die natürliche Vegetation der Alpen brachte die zunehmende Bevöl-
kerungsdichte ab dem hohen Mittelalter. Aufgrund des Bergbaus wurden etwa
die Wälder rund um Eisenerz fast ganz abgeholzt. Heute sind 80 % der Eisenerzer
Ramsau beim Erzberg mit der bei den Aufforstungen der vorigen Jahrhunderte
besonders beliebten Fichte bewachsen. Der ursprünglich einheimische Tannen-
60 Bätzing, Alpen 46 ff.
61 Franz, Ökologie der Hochgebirge 260.
62 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 679.
63 Friedmann, Spät- und postglaziale Landschafts- und Vegetationsgeschichte, Zusammenfassung.
64 Küster, Geschichte der Landschaft 125 f.
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Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361