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Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 45
Bewölkung recht warm. Die Bevölkerung im Wallis brauchte jedoch bei zunehmen-
der landwirtschaftlicher Nutzung aufgrund des mangelnden Regens ein Wasserma-
nagement. Spätestens ab dem Hochmittelalter wurden dort an den Hängen ausge-
klügelte Bewässerungssysteme gebaut.102 In Sion (500 m) fällt nur 609 mm mittlerer
Jahresniederschlag, mit der durchschnittlichen Jahrestemperatur von 9,9 °C ist es
außerdem deutlich wärmer als etwa das gleich hoch gelegene Bern (542 m) im
Schweizer Mittelland mit im Schnitt 8,5 °C und 988 mm Niederschlag. In dem Ge-
biet konnten sich viele in der abklingenden Eiszeit eingewanderte Steppenpflanzen
halten, die sonst vor allem in Süd- und Südosteuropa und Vorderasien verbreitet
sind. Diese Vegetation findet sich auch in den anderen Trockengebieten des Al-
peninneren, etwa in der französischen Tarentaise, Maurienne und Haute-Durance,
dem italienischen Aostatal und Vinschgau sowie dem österreichischen Ötztal.103 Im
inneren Ötztal liegt im Vergleich zu alpinen Randlagen die Durchschnittstemperatur
ebenfalls um rund 1 °C höher, dies führt dazu, dass die Vegetationsgrenze um etwa
200 m ansteigt. Der Rasenpolster erstreckt sich hier bis auf 3.000 m und die Schnee-
grenze liegt bei etwa 3.000–3.100 m. Der jährliche Niederschlag fällt vor allem im
Sommer (64 %), die Summen liegen mit 699 mm/Jahr104 deutlich unterhalb von z. B.
dem randalpinen Kufstein mit 1.293 mm/Jahr.105 Teilweise kann diese inneralpine
Trockenheit durch die Gletscher als Wasserlieferant wieder ausgeglichen werden.
Im Raum Vent (1.900 m) liegt die Grenze für die Anlage von Gemüse- und
Krautgärten bei 1.800 bis manchmal 1.900 m, sogar Getreide wurde bis in diese
Höhe angebaut. Die oben beschriebene Strahlung bewirkt ja alleine durch die
Höhe noch eine zusätzliche Wärme für steilere Hänge. Aus dem Jahr 1773 wird
dort der Anbau von Hafer und Gerste berichtet, die allerdings nur in wärmeren
Jahren reifen würden. Flachs gab es bis 1.500 m, Wiesen bis zur Gletschergrenze.
Diese Wiesen waren auch der Grund, warum schon seit römischer Zeit die Verbin-
dungen ins Passeier- und Schnalstal stark gepflegt wurden : Die Hirten überschrit-
ten auf der Suche nach den besten Weideplätzen die Pässe und Gebirgsketten.106
Auch die Ostalpen kennen inneralpine Trockentäler, allerdings nicht so aus-
geprägt.107 Das Murtal wird durch die Tauern abgeschirmt und hat dadurch im
102 Kaiser, Flurbewässerung im Wallis 105.
103 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 58 und 74 ff.
104 Burga (Hg.), Gebirge 19 ff.
105 Österreichische Zentralanstalt für Meteorologie, Klimadaten 1971–2000, einsehbar in : http ://www.
zamg.ac.at/fix/klima/oe71-00/klima2000/klimadaten_oesterreich_1971_frame1.htm.
106 Scharr, Leben an der Grenze der Dauersiedlung 22 f.
107 Die Angaben betreffend die Steiermark stammen – wo nicht anders angegeben – alle aus dem Digi-
talen Atlas Steiermark, Schlagwort „Klimaregionen“, http ://www.gis.steiermark.at.
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Buch Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800"
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361