Seite - 71 - in Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Bild der Seite - 71 -
Text der Seite - 71 -
Die Alpen als Grenze 71
kam Gallien bis zu den Alpen unter westgotische Herrschaft. Auch hier waren
die Alpen zunächst keine Grenze gewesen und es bestand daher aus der Sicht der
Römer kein Grund, irgendeine Art von Befestigungslinie aufzubauen. Eine militä-
rische Kontrolle aller möglichen Übergänge war wegen der Größe des Gebietes
nicht möglich. Aufgrund der ständigen Gefahr von Überfällen und der allgemei-
nen unsicheren Lage des Reiches waren ohnehin schon die meisten Städte von
Mauern umgeben. Zusätzlich waren im gesamten Alpenraum viele Siedlungen auf
Anhöhen entstanden, die teilweise nicht nur dem Schutz, sondern auch der Ver-
teidigung dienten.51
Ab 492 werden in Italien unter der ostgotischen Herrschaft von Theoderich die
Bemühungen zum Schaffen einer Verteidigung in den Alpen fassbar, um die Reste
der einstigen Präfektur Italien zu sichern.52 Vorrangig war dabei die Sicherung
der Grenze gegen das immer mächtiger werdende Reich der Franken im Westen
und Nordwesten der Alpen. Da Illyrien Teil der Herrschaft war,53 mussten die
Festungen in den Ostalpen nicht ausgebaut werden. Nach H. Wolfram errichtete
die gotische Herrschaft in den Alpen einen dreifach gestaffelten Grenzsaum : Im
nördlichen, voralpinen Bereich waren Föderaten angesiedelt, in den Alpen organi-
sierten einheimische Milizen die Verteidigung und an den Südausgängen stand das
„reguläre Gotenheer“, unterstützt von ebenfalls romanischen Milizen. Beispiele
für diese sind die zum ersten Mal seit langer Zeit wieder erwähnten Breonen,
die beschuldigt werden, sich auch in Friedenszeiten noch so zu verhalten, als ob
51 Grundsätzliches zu den Höhensiedlungen des 3. bis 6. Jh. im Ostalpenraum : Ciglenečki, Höhenbe-
festigung und Results and Problems 292 ; Bierbrauer, Romanen und Germanen 226. Mehr zu den
Höhensiedlungen ab S. 249.
52 Die afrikanische Küste, ursprünglich dieser Präfektur zugehörig, war z. B. nicht mehr Teil des Rei-
ches.
53 Wolfram, Die Goten 329 ; Weile, Zur Frage der Grenzziehung 137.
Abbildung 7 : Befestigungsmauern
der Claustra Alpium Iuliarum.
zurück zum
Buch Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800"
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361