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Routen durch die Alpen 141
wurde bald ein Eigenkloster Freisings.138 Innichen befand sich an der Grenze zum
slawischen Herrschaftsraum, aber der Übergang zwischen christlich-romanischem
Pustertal und dem polyethnischen Karantanien war fließend.
Die im 7. Jh. nicht mehr durchgehend in einer Hand befindliche Route konnte
trotzdem weiter von Händlern und anderen Reisenden genutzt werden. Anfang
des 8. Jh. besorgte sich der Churer Praeses Victor ohne Probleme Marmor aus
Trient.139 Im Jahr 763 wird Imst in einer Urkunde als oppidum bezeichnet, ein Zei-
chen, dass der Nord-Süd-Verkehr nicht zu unterschätzen ist.140 Welche Rolle Sä-
ben in diesen Machtkonstellationen gespielt haben mag, ist unklar. Der Ort lag
strategisch günstig oberhalb der Säbener Klause etwa 50 km südlich des Brenners
und kontrollierte daher wohl den Weg nach Süden, aber auch die Ost-West-Ver-
bindung. Die Funde deuten auf eine kontinuierliche, christliche Besiedlung einer
durchaus wohlhabenden spätantik/frühmittelalterlichen Bevölkerung. Wer in Sä-
ben im 7. Jh. herrschte – Einheimische oder eine bairische, langobardische oder
fränkische Besatzung – ist bislang völlig unklar.141
Durch das Pustertal führte schon in römischer Zeit ein gut ausgebauter Weg,
wie die Straßenstation Sebatum im heutigen St. Lorenzen zeigt. Auf dem Sonnen-
burger Kopf und dem Burgkofel bei Lothen gab es eine befestigte Höhensiedlung.
An beiden Orten kamen Funde aus dem 6. Jh. ans Tageslicht.142 Auch ein Münz-
schatzfund in St. Lorenzen kann in diese Zeit datiert werden.143 Doch wie auch
anderswo gibt es für die folgenden 200 Jahre wenig Handfestes.
Noch östlicher betritt man einen weiteren Kreuzungspunkt verschiedenster
Machtsphären : Im Lienzer Becken trafen sich fränkische, bairische, slawisch-awa-
rische und vielleicht auch langobardische Interessen. Dem spätantiken Aguntum,
gelegen am Lavanter Kirchbichl, wird Mitte des 6. Jh. von Venantius Fortunatus auf
seiner Reise eine ganze Zeile gewidmet, daneben werden weitere Festungen des
Drautales genannt. Etwa zeitgleich wurden hier Bischöfe von fränkischen Geistli-
138 Wolfram, Mitteleuropa 147 f. meint ab 784, Wolfsgruber, Beziehungen des Bistums Freising 467
schon ab der Gründung.
139 Bünd. UB Nr. 11 und Nr. 12 S. 9 f.
140 Trad. Freis. ed. Bitterauf Nr. 19 S. 46.
141 Nothdurfter, Säben 34 ff. u. Frühchristliche und frühmittelalterliche Kirchenbauten 305 ff.; Glaser,
Frühes Christentum 153 ; Bierbrauer, Romanen und Germanen 345 ff. In der Urkunde von 901, in
der Ludwig das Kind dem Bistum den Hof in Brixen schenkt, wird bezüglich des Besitzes beklagt,
dass frühere Bischöfe sehr sorglos gewesen seien. MGH DD LK Nr.12, S.113 f.; Wolfram, Grenzen
und Räume 202.
142 Lunz, Vor- und Frühgeschichte 145.
143 Rizzolli, Völkerwanderungszeitliche Geldwirtschaft 287.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361