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Routen durch die Alpen 145
folgebau, ebenso deuten die Ortsnamen und die Macht des Patriarchats Aquileia
hier Kontinuität an.162
Auch im Raum Salzburg vergaß man offensichtlich diese Wege nie. Schon 712
wurde von dem Begründer der Salzburgischen Kirche, Rupert, gemeinsam mit
dem Herzog Theodo in Bischofshofen eine Zelle gegründet.163 Die Fundamente
des karolingischen Hofes liegen etwa 5 km südlich der Stelle, wo die antike Straße
über den Radstädter Tauern in das Fritztal abbog. Die Zelle lag also am Weg über
die Hohentauern Pässe, der direkt in das Drautal führte. Da sie jedoch bald von
„benachbarten“ Slawen wieder zerstört wurde164, kann man folgern, dass das ka-
rantanische Reich sein Hoheitsgebiet, vielleicht aber auch die Macht über die
Übergänge bedroht sah. Wohl um auszuweichen, wurde unter Herzog Tassilo im
zweiten Drittel des 8. Jh. die Zelle bei Bisonzio, dem heutigen Zell am See, von
Einheimischen errichtet.165 Weiter westlich, bei Kufstein am Weg über den Felber
Tauern, wurde ebenfalls im 8. Jh. eine kleine Zelle gegründet.166 Wie gefährdet
die Lage der Zelle in Bischofshofen noch Anfang des 9. Jh. war, sieht man an
den Ereignissen des Aufstandes von Liudewit. Dieser Abtrünnige hatte 820 in den
ehemals von Slawen beherrschten Gebieten Südpannoniens einen Aufstand los-
geschlagen, dessen Zerstörungen auch das Kloster bei Bischofshofen betrafen.167
Als zentraler Pass der Ostalpen gilt der Weg über den Radstädter Tauern : Er
ist mit 1.738 m Höhe der erste Alpenpass östlich des Brenner, der ebenso deutlich
unter 2.000 m liegt. Direkt neben dem Radstädter Tauernpass befinden sich wei-
tere sehr niedrige und gangbare Übergänge : Der nahe Oberhüttensattel (1.860 m)
stellte beispielsweise im frühen Mittelalter einen sicheren Alternativweg zum la-
winen- und murengefährdeten, verfallenen Römerweg dar.168 Für die Bedeutung
dieses Überganges in frühmittelalterlicher Zeit spricht auch eine Befestigung am
nördlichen Ausgang des Passes im Forstautal.169 Auch der Znachsattel (2.059 m),
5 km weiter östlich, wurde schon in römischer Zeit begangen, wie der Fund von
Mauerresten am nahe gelegenen Giglachsee zeigt.170 Weiters zu nennen ist der
162 Glaser, Frühes Christentum 145 ; Kainrath, Lavant 149 ; Alzinger, Aguntum und Lavant 117. Zu
Aguntum siehe auch den Abschnitt über die Besiedlungsentwicklung dort ab S. 244.
163 Notitia Arnonis 8.1–2, Breves Notitiae 3.6 ed. Lošek 83 u. 91.
164 Breves Notitiae 3.15 ed. Lošek 93.
165 Notitia Arnonis 6.2 ed. Lošek 76 ; Mitterauer, Das agilolfingische Herzogtum 423 f.
166 Mitterauer, Das agilolfingische Herzogtum 425 ; Heitmeier, Inntal 334 ff.; Notitia Arnonis 6.27 ed.
Lošek 81.
167 Wolfram, Grenzen und Räume 245.
168 Kahl, Der Staat der Karantanen 302, 373 ; Schitter in „Heimat Mariapfarr“ (1975) 65.
169 Moosleitner, Die Merowingerzeit 115.
170 Mandl, Almen 35.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361