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166 Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege
denn frühmittelalterliche Eisenproduktion schließen lassen.295 Es dürfte sich hier
um ein Problem des Forschungsstandes handeln, da Funde aus der Bronzezeit
einen florierenden Bergbau bezeugen.296 Ein weiteres wichtiges Zentrum der anti-
ken Eisenproduktion in Binnennoricum war Hüttenberg in Kärnten, wo bei Sem-
lach ein etwa 30.000 m2 großes Industrieareal aus der Mitte des 1. Jh. v. Chr. bis
Mitte des 4. Jh. n. Chr. ergraben wurde.297 Archäologisch sind Öfen und Schlacken
sehr schwer datierbar.
Für das frühe Mittelalter ist man noch mehr auf Vermutungen angewiesen, da
nun auch die Siedlungsfunde selten werden. R. Sprandel fand für die Zeit vor
1060 in den schriftlichen Quellen nur acht Hinweise auf Eisenwirtschaft, davon
die Mehrheit im alpinen Bereich. Eine vena ferri befand sich bei Trens im Wipptal,
eine am Julierpass, eine im Scalvetal und eine bei Gamanaron, das sich vermutlich
im Lavanttal befand.298 Der Name Gamanaron ist schwer zu deuten, vielleicht eine
romanische Ableitung aus communis mit dem Suffix -aria im Sinne von „allgemeiner
Besitz“ oder slawisch *jama = „Grube“ + althochdeutsch -ari.299 Das Erzgebläse ad
Gamanaron ist auch deshalb interessant, da der Salzburger Erzbischof dem Grafen
Albrih dafür im Austausch eine Salzkochstelle bei Admont im Ennstal aushändigt :
„[…] ad Gamanaron hoban unam propius domus dei iacentem et flatum ferri, quod
aruzi dicitur […] ad Adamunton locum patellarem unum“300. Hier findet man zwei
sehr frühe Erwähnungen des Bergbaus in den Alpen in einer gemeinsamen Quelle.
Admonter Urkunden vom Ende des 12. Jh. erlauben die Lokalisierung dieses Ortes
zwischen Obdach und Bad St. Leonhard im Lavanttal, wo es heute noch einen
„Arzberg“ gibt.301 Allerdings befindet sich auch ein Gameringberg bei Wörschach
im Ennstal, dieser liegt näher am Tauschobjekt.
877 schenkte König Karlmann dem Pfalzstift Altötting Güter in Treffen. Hin-
tergrund dieser Schenkung könnte der Silberbergbau sein, denn die übergebenen
Güter beherbergten eine in der Antike ausgebeutete Silbermine. Die umliegenden
295 Klemm, Montanarchäologie in den Eisenerzer Alpen 13 u. 21 f.; Sperl, Montangeschichte des Erz-
berggebietes 165.
296 Klemm, Montanarchäologie in den Eisenerzer Alpen 44.
297 Cech, Preßlinger, Walach, Interdisziplinäre Forschungen zum Ferrum Noricum, Forum Archaeolo-
giae 39/VI/2006 (http ://farch.net).
298 Sprandel, Eisengewerbe 43 ; Trens : Traditionen Tegernsee 1003-1011 Nr. 1a ; Julier : MGH SS II,
S. 87 ; Scalvetal : MGH DD H III Nr. 199, S. 255 f.; Gamanaron : s. u. FN 300 und 301.
299 Hausner/Schuster, Altdeutsches Namensbuch 339.
300 Salzbg. UB Codex Odalberti Nr.1 a. 931 S. 79 ff.; Brunner, Herzogtümer und Marken 34.
301 Stmk. UB ed. Zahn Nr. 631 a. 1184 S. 601 „Gaemnarwalt“ im oberen Lavanttal und Nr. 706 a. 1190
S. 697 „silve norstre in Gamner“ ebendort sowie öfters in Stmk UB 2 ed. Zahn Nr. 85 a. 1207 S. 130
„Gamnarwalt“.
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Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361