Seite - 171 - in Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Bild der Seite - 171 -
Text der Seite - 171 -
Zusammenfassung 171
Der Zustand des Handels über diese Routen in den Jahren 500–800 ist nur
schwer abzuschätzen. Doch es gibt genügend Hinweise darauf, dass zumindest Lu-
xusprodukte nach wie vor über die Alpen gebracht wurden. Auch Güter der Alpen
selbst wurden nicht nur lokal gehandelt : das Salz von Reichenhall hatte einen Ex-
portradius, der vom Bodensee bis nach Mähren reichte, und die Specksteingefäße
der südlichen Zentralalpen hatten eine Verbreitung von Lienz bis in die Seealpen.
Auch Eisen und Gold gelangten zumindest bis in den Voralpenraum. Die meisten
Produkte der Alpen waren jedoch organisch – Käse, Felle, Wolle, Holz, Honig –,
daher kann man nicht viel über ihre Verbreitung sagen.
Für die Bergbewohner war die Bedeutung der Alpenrouten eine zwiespältige
Sache. Einerseits profitierten sie davon, dass an den wichtigen Verkehrsrouten die
neuesten Informationen gebündelt durchliefen, und sie dadurch bezüglich kulturel-
ler und politischer Entwicklungen immer „up to date“ waren. Der Verkehr brachte
zahlreiche Möglichkeiten des Verdienstes. Säumer transportierten Güter über die
Berge und fungierten als Führer, den Reisenden wurden Unterkunft und Verpfle-
gung zu Verfügung gestellt. Diese Infrastruktur, die zunehmend von den Klöstern
organisiert wurde, machte es schließlich möglich, dass Menschen erstaunlich zügig
und winters wie sommers die Alpen queren konnten. Großer materieller Reichtum
scheint in den Alpenländern eine Besonderheit geblieben zu sein. Ausnahmen sind
beispielsweise das Wallis in römischer Zeit und im frühen Mittelalter die reiche
Abtei St. Maurice d’Agaune sowie das Bistum Churrätien. Die strategische Bedeu-
tung der Alpentraversen brachte den Anrainern aber auch Krieg und militärische
Verpflichtungen.
Es ist daher notwendig, in den Alpen zwischen zwei Arten von Regionen zu
unterscheiden : Einerseits gab es die abgelegenen Gebiete, in denen die Bevölke-
rung in einfachsten wirtschaftlichen Verhältnissen autark lebte. Diese Bevölkerung
kann auch noch lange heidnisch gewesen sein und die kulturellen und politischen
Entwicklungen in Europa erreichten sie verzögert. Andererseits konnten in den
Tälern der großen Alpentraversen vor allem geistliche Herrschaften, etwa das
Kloster St. Maurice oder auch Chur, vom Verkehr über die Alpen profitieren, sei
es durch Zölle, durch Spenden der Pilger oder auch durch Zuwendungen von Kö-
nigen. Manche Klöster wurden schließlich sogar so reich, dass sie lohnende Ziele
für Raubzüge darstellten. Die Ungarn kamen aus Pannonien und die Sarazenen
querten die gesamten Alpen, nur um die Reichtümer von St. Gallen zu erlangen.
zurück zum
Buch Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800"
Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361