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Christentum 181
nung des Goldwaschens durch Romanen in diesem Raum in der Notitia Arnonis44
und der vielleicht vorrömischen Namenstradition könnte man hier vorsichtig die
Reste eines spätantiken, inneralpinen Christentums vermuten. In Matrei, südlich
des Felber Tauern gelegen, wurde unterhalb der Kirche St. Nikolaus im Ortsteil
Bichl ein Vorgängerbau ergraben. Er kann durch einen Grabfund östlich davon
in das 9./10. Jh. datiert werden, es wird eine „mögliche spätantike Grundlage“
angedacht.45 Dieser wohl vom spätantiken Bistum Aguntum betreute Ort könnte
damit als Brückenkopf nach Norden gedient haben. Über den christlichen Kult
in ländlichen Gebieten der Ostalpen weiß man ansonsten praktisch nichts.46 Der
Vergleich mit Churrätien zeigt jedoch, dass auch Täler, die weiter entfernt von
einem Bischofssitz lagen, durchaus christlich gewesen sein könnten. Gerade im
Voralpenraum um Salzburg hatten sich spätantike christliche Traditionen ja bis in
das frühe Mittelalter gehalten.47
Diese Überlegungen bleiben letztendlich alle sehr hypothetisch. Viele der spät-
antiken Kirchen sind auch mit modernen archäologischen Mitteln kaum mehr
nachweisbar, insbesondere wegen der ab dem 6. Jh. vielerorts üblichen Holzbau-
weise. Diese erschwert zusätzlich die Identifizierung christlicher Gebäude. Die
Reste solcher Bauwerke sind gerade in den Ostalpen wegen der Witterung und
wuchernden Vegetation kaum dauerhaft.48 Die Frage nach einem antiken Chris-
tentum in den Regionen ohne schriftliche Quellen ist also im Moment kaum zu
beantworten. Dies lässt die meisten Forscher und Forscherinnen daher besonders
in den abgelegenen Talschaften an eine nur oberflächliche christliche Organisa-
tion und/oder ein noch lebendiges Heidentum denken. In den Schweizer Alpen
nördlich der großen Täler des Wallis und dem Rheintal, zwischen der Romanitas
um den Genfer See und der Churrätiens wird diese Quellenlücke mit der geringen
Bevölkerungsdichte erklärt, die sich aufgrund der schon seit dem 4. Jh. unsiche-
ren Lage an der Grenze des römischen Reiches ergeben hätte.49 Möglicherweise
44 Gruber, Entstehungsgeschichte117 ; NA 8 ed. Lošek 82 ; Das „Gold machen“ des Textes wird meist
als Abbau von Waschgold gelesen, kann aber auch als Hinweis auf den Goldbergbau in dieser Ge-
gend gesehen werden, siehe Kapitel „Erze“ ab S. 165.
45 Stadler, Oberlienz 766.
46 Wolff, Die Kontinuität der Kirchenorganisation 23.
47 Siehe dazu das Kapitel über die Machtstrukturen im Ostalpenraum ab S. 319.
48 Bonnet, Les églises en bois 217 ff.; Faure-Boucharlat, Les constructions rurales 77 ff.; Terrier, Les ég-
lises dans la campagne genevoise 197 f.; Codreanu-Windauer, Ober- und Niederbayern 460 ff. Eugip-
pius, Vita s. Severini c. 15 erwähnt eine Holzkirche in Quintanis. Dieser Ort lag etwa 20 km nördlich
von Passau an der Donau.
49 Nicault, Un exemple de christianisation dans les Alpes 87 u. 95 ; Woff, Die Kontinuität der Kirchen-
organisation 2, Eggenberger (Hg.), Entwicklung früher Kirchenbauten 221.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361