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Christentum 183
heilige Severin Ende des 5. Jh. in Kuchl bei Salzburg traf, mussten ihren Glauben
bereits vor den Christen verstecken und sich als Gläubige tarnen.57
Ab 600 brachten die slawischen und awarischen Eroberer von Noricum ein
ganz neues Heidentum in die Alpen. Die Oberschicht war nun wieder heidnisch
und viele christliche Einheimische dürften ihren Glauben gewechselt oder zumin-
dest Teile der slawischen Religion adaptiert haben. Inwieweit es noch ein Rest-
christentum gab, wird weiter unten diskutiert.58 Über den slawischen Glauben der
Zeit und wie er in den Alpen ausgeübt wurde, ist nur wenig bekannt, denn es
gibt praktisch keine archäologischen oder schriftlichen Quellen.59 Bemerkenswert
bleibt der Fund eines vielgesichtigen Kopfes in St. Martin/Silberberg, der aufgrund
ebendieser Eigenschaft als slawisches Kultdenkmal angesehen wird. Einige sla-
wische Götter hatten mehrere Gesichter, der slawische Gott Porenut hatte vier
und ein fünftes an der Brust, Rugievit hatte sogar sieben.60 Ein weiterer bekannter
slawischer Gott ist der dreigesichtige Triglav. Typisch für slawische Gesellschaf-
ten des Mittelalters war, dass es ein zentrales Stammesheiligtum gab. Doch ein
solches konnte im Bereich des ehemaligen Karantanien nicht einmal ansatzweise
ausgemacht werden. Hier sind natürlich allerlei Spekulationen Tür und Tor geöff-
net. Möglich ist, dass das Heiligtum im Zollfeld lag, da sich hier das spätere Herr-
schaftszentrum Karantaniens befand. Aber auch der Raum Teurnia/Hochgosch
oder Knasweg böten sich an.61
Die inneralpinen Gebiete blieben noch bis weit in das Mittelalter hinein größ-
tenteils romanisch oder slawisch62, und zu einem größeren Zuzug von Siedlern
und Siedlerinnen aus Alemannien und Baiern kam es erst in nachkarolingischer
Zeit. Diese Menschen waren sicher schon christlich, wenn auch teils noch sehr
oberflächlich und von Aberglauben geprägt. Man darf jedoch nicht vergessen, dass
ein großer Teil dieser Leute, die in den noch nicht erschlossenen Alpentälern zu
roden begannen, von kirchlichen Einrichtungen, vor allem Klöstern, eingesetzt
worden waren. Ein offenes oder gar organisiertes Heidentum wäre nicht toleriert
worden.
57 Eugippius, Vita s. Severini c.11.
58 Siehe Kapitel „Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ?“ ab S. 207.
59 Ausführliche Darstellung der vorhandenen Quellen und ihre Interpretation in Kahl, Der Staat der
Karantanen 222 ff. Allerdings sind die meisten Quellen einige Jahrhunderte jünger, andere, ältere
sprechen hingegen über relativ weit entfernte Orte.
60 Glaser, Dreigesicht aus St. Martin 19 ff.; Słupecki, Heidnische Religion 245.
61 Gleirscher, Karantanien 149 ff.; Kahl, Der Staat der Karantanen 224 ff.
62 S. u., Kapitel „Migration“ ab S. 285, Kapitel „Der zentrale Alpen- und Voralpenraum“ ab S. 305 und
und „Der Ostalpenraum : Von Binnennoricum zu Karantanien“ ab S. 319. Wolfram, Grenzen und
Räume 295 ff., 301 ff.; Brunner, Herzogtümer und Marken 30 ff.
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Buch Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800"
Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361