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186 Menschen in den Alpen
tralen Alpen.75 Ebenso an Verkehrsrouten sind die „Lieblingsheiligen“ von Pilgern
und Pilgerinnen zu finden, also beispielsweise der heilige Columban an der bevor-
zugten Alpentraverse der englischen Gläubigen, dem Mont Cenis. 76 Typisch für
Pass- und Altstraßen ist auch der heilige Laurentius, der zusätzlich oft ein Indiz
für ein hohes Alter des Ortes ist, da dieser Heilige schon ab dem 4. Jh. beliebt und
verbreitet war. Ebenfalls als „Passheiliger“ gilt der heilige Achatius. In Österreich
ist er in Schladming und in Ramingstein südlich von Tamsweg zu finden.77
Einige Heilige waren für die Wegbegleitung verantwortlich und sind deshalb
entlang der Wege durch die Alpen zu finden. Diese waren die Jungfrau Maria,
wegen ihrer Reisen, der heilige Christoph als Patron der Reisenden, der Erzengel
Raphael sowie der Erzengel Michael78, der als Nachfolger des Götterboten Merkur
galt. Genau zwischen den zwei großen Heiligtümern des Michael in der Norman-
die und auf dem Gargano lag die Sacra di San Michele im Susatal, gegründet Ende
des 10. Jh. Diese Patrozinien sind meist jüngeren Datums. Viele ganz typische
„Gebirgsheilige“ stammen ebenfalls aus späterer Zeit : Um 1000 gründete der hei-
lige Bernhard das Hospiz an dem nach ihm benannten Großen St. Bernhard und
wurde deshalb in späteren Zeiten zum Patron der Alpenbewohner.
Die antike Sitte, an Wegkreuzungen und Passhöhen heilige Dinge zu deponie-
ren, lebte im Mittelalter weiter. 2003 wurde am Theodulpass (3.301 m) eine Holz-
statue eines Heiligen gefunden, vielleicht handelt es sich um den heiligen Theodor.
Dieser Bischof von Martigny aus dem 4. Jh. galt auch als Gebirgspatron, die Statue
wird um das Jahr 1000 datiert.79 Dass diese Statue noch erhalten ist, verdankt sie
ihrer Konservierung im Gletscher. Normalerweise verschwanden diese meist aus
Holz gemachten Figuren aufgrund der Witterung nach einiger Zeit.
In den Ostalpen hinterließ die Missionierung der Slawen ab dem 8. Jh. auch
Spuren bei den Patrozinien. So wurden die Kirchen hier besonders oft dem St. Veit
gewidmet, eine verbale Reminiszenz an den slawischen Lichtgott Svantevit. Auch
die Heiligen Martin und Georg erinnerten mit ihren Eigenschaften an Elemente
der slawischen Götterwelt und wurden deshalb oft als Schutzheilige gewählt.80
75 Wolfram, Mitteleuropa 148 f.
76 Rousset, Au pays de la Meije 115.
77 Baltl, Steiermark 38 ff. Zu Laurentius, der auf eine Zeit um 400 weisen kann : Karwiese, Salzburgs
vergessene Heilige 12. Siehe dazu auch S. 196 f.
78 Brocard, Le culte de saints en Maurienne 80.
79 Sociétés savantes de Savoie, Échanges et voyages 58 f.
80 Waldmüller, Die ersten Begegnungen der Slawen 601.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361