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206 Menschen in den Alpen
Salzburger Kirche sah sich nun als Nachfolgerin der norischen Bistümer und als
Metropole der norischen Kirchenprovinz. Als Mitte des 8. Jh. das Reich der Ka-
rantanen, gelegen auf dem Gebiet des ehemaligen Binnennoricum, in bairische
Abhängigkeit geriet, sah sich Salzburg wie selbstverständlich als verantwortliche
kirchliche Instanz. Die Erhebung zum Erzbistum 798 bildete eine logische Folge
dieser Einstellung.194
Ein anderes für den Alpenraum sehr wichtiges christliches Zentrum war das
Bistum Freising. Corbinian, Franke und Sohn einer Irin, war um 719/720 an den
Hof des bairischen Herzogs Grimoald in Freising gelangt, wo wenig später das Bis-
tum gegründet wurde.195 Corbinian und Arbeo, Bischof von Freising in den Jahren
764–783 und Verfasser von Corbinians Vita, begründeten und/oder förderten die
Kontakte nach Südtirol und Italien.196 Die aus dieser Verbindung folgenden Wege
in den Alpen waren sehr wichtig für die Orientierung der südalpinen Gebiete nach
Norden. Das ab 783 freisingische Kloster Innichen, gelegen im Pustertal an der
Grenze zu dem damals noch sehr heidnischen Karantanien, ist ein Beispiel dafür,
wie auch die Weingüter im Etschtal.197 Freisingische Güter des Mittelalters befan-
den sich vor allem entlang bzw. nahe der Drau (Teurnia, Maria Wörth), aber auch
bei der oberen Save (Bischofslack).198
Für die inneralpinen Gebiete des ehemaligen Rätiens hatten die Aktivitäten der
irofränkischen Missionare zunächst kaum Konsequenzen, da sie durch kontinuier-
lich existierende Bistümer (Chur und wahrscheinlich Säben) betreut worden wa-
ren. Für die Ostalpen hingegen hatte diese Mission weitreichende Folgen. Denn
die missionarischen Aktivitäten Salzburgs waren vielleicht auch dafür verantwort-
lich, dass dort spätantike Reste des Christentums erst im 8. und 9. Jh. ganz ausge-
löscht wurden (s. u.). Direkt aus Irland, Schottland oder England kam fast keiner
der berühmten Missionare des nördlichen Voralpenlandes, alle waren Vertreter der
Frankenkönige und wurden von diesem Richtung Südosten geschickt. Sie waren
nicht nur für die Verbreitung und Festigung des Christentums im Voralpenraum
verantwortlich, sondern auch für eine stärkere kulturelle und politische Bindung
an das fränkische Reich.
194 Wolfram, Salzburg, Bayern, Österreich 72.
195 Wolfram, Grenzen und Räume 125.
196 Prinz, Klerus und Krieg 441.
197 Wolfram, Grenzen und Räume 199 ; Thoma, Räumliche Mobilität 146 (Weingüter).
198 Störmer, Frage der Funktion des kirchlichen Fernbesitzes 394 ; Brunner, Herzogtümer und Marken
33 ; Blaznik, Das Hochstift Freising und die Kolonisation der Herrschaft Lack 4 f.
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Buch Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800"
Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361