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Besiedlung 263
biet unter 1.000 m befindet. Anders sieht dieser Wert für die Täler der Alpen aus :
Nach Abzug der nicht für die Versorgung verwendbaren Flächen der Höhenlagen
schrumpft das potenzielle Versorgungsgebiet je nach Lage um einiges. Dies ist ei-
ner der Gründe, warum in den Alpen selbst keine antiken Großstädte entstanden
und die meisten größeren Ansiedlungen dieser Zeit nahe am Alpenausgang lagen,
wie unter anderem Trient, Aosta, Susa oder Grenoble. Andere sind genau genom-
men schon außerhalb des Gebirges, wie beispielsweise Genf oder Salzburg. Letz-
tere liegt aber immerhin noch nahe genug an den Alpen, um den Bewohnern die
Bewirtschaftung von Almen zu erlauben.512 Räume, die günstig für die Versorgung
größerer Ansiedlungen waren, sind Täler mit ausgedehnten Mittelgebirgsterras-
sen, wie beispielsweise das Inntal. Durch das Zusammentreffen von Tälern kann
ebenfalls eine größere landwirtschaftliche Fläche entstehen. Einige sehr alte Städte
der Alpen liegen in genau so einem Raum, nämlich Gratianopolis/Grenoble oder
die Siedlungskammer bei Aguntum/Lienz.
Es gibt genug Räume in den Alpen, in denen ein Zentralort mit einigen Hundert
oder mehr Einwohnern auch in der Antike und im frühen Mittelalter zumindest
theoretisch ohne Probleme versorgt werden konnte. Dass es in den Alpen schon
vor der Moderne möglich war, eine große Stadt zu versorgen, zeigt das Beispiel
Schwaz : Aufgrund der Bedeutung des Silber- und Kupferbergbaues wuchs der Ort
bis zum Jahr 1500 auf 17.000 Einwohner und Einwohnerinnen an und war damit
die mit Abstand größte Stadt des Alpenraumes. Nach dem Boom sank die Bevöl-
kerungszahl allerdings wieder auf 4.000 um 1800.513 Antike Städte im Alpenraum
hatten sicher nicht dieselbe Größe wie Schwaz, aber das Beispiel zeigt, wie schnell
sich eine boomende Wirtschaft auf die Bevölkerungszahlen auswirken kann. Die
römische Bergbauregion Binnennoricum war in der Blüte ihrer Zeit sicher auch
ein gewisser Magnet für Zuwanderer.
Die Lage an einer Handelsroute brachte Wohlstand und Vorteile für die Versor-
gung. In den Alpen entstanden deshalb die Zentren gerne an den Kreuz- und
Ausgangspunkten wichtiger Alpentraversen. Diese Orte waren oft schon in prä-
historischer Zeit besiedelt. Beispiele dafür sind Grenoble, Genf, Chur, Innsbruck,
Trient und Salzburg.514 Die Römer bauten ebenfalls gerne Städte in solchen Lagen :
Octodurum/Martigny, Augusta Praetoria/Aosta, Segusio/Susa, Briançon/Brigan-
tio und Aguntum sind Beispiele römischer Planstädte im Alpenraum. Aber auch
kleinere Ansiedlungen und Villen dürften sich an den Verkehrsachsen orientiert
512 BN 2.3, 2.4 ed Lošek 88.
513 Mathieu, Landwirtschaft und Städtewachstum159.
514 Primas, From fiction to facts 9.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361