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336 Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen
Tassilo seinen umjubelten Sieg über die Karantanen.215 Die Conversio behandelt nur
die kirchlichen Belange und übergeht diesen Sieg, vermutlich aus oben genannten
Gründen, gänzlich.216 In Karantanien scheint es auch danach noch Bestrebungen
zur Unabhängigkeit gegeben zu haben, denn um 820 schlossen sich Karantanen
dem aufständischen slawischen Fürsten Liudewit an.217 Nach seinem Sturz wurden
die slawischen Fürsten entmachtet und die fränkische Grafschaftsverfassung ein-
geführt.218
Gleichzeitig mit den Quellen taucht die Bevölkerung der Ostalpen nun auch
wieder in der Archäologie auf. Teilweise fanden sich Gräberfelder in kleinen Ge-
birgstälern, wie beispielsweise bei Zedernhaus im Salzburger Lungau, sodass die
Besiedlung im 8. Jh. schon relativ dicht gewesen sein muss.219
Anfang des 8. Jh. zeigen viele Gegenstände eine starke Anpassung an awarische
Vorbilder.220 Diese östliche Mode hatte schon viel früher auch in nicht-awarischen
Gebieten weiter westlich einen Niederschlag gefunden. So wurden in einem dem
bairischen Herrschaftsbereich zugeordneten Gräberfeld bei Linz-Zizlau typisch
awarische Gegenstände gefunden. Diese wurden bereits in die erste Hälfte des
7. Jh. datiert.221
Besonders charakteristisch für die Grabbeigaben des 8. Jh. im karantanischen
Raum ist die Vermengung verschiedenster Einflüsse. Typisch ist etwa die Kom-
bination hochwertiger fränkischer Waffen und Reitzubehör mit Gürtelgarnituren
nach östlichem Vorbild.222 Solche Gräber wurden in Grabelsdorf, Baardorf und
St. Peter/Grafenstein im Kärntner Becken und entlang der Wege über die Alpen
im Raum des Ennstals bei Krungl und Hohenberg sowie beim Ausgang der Pyhrn-
route bei Micheldorf gefunden.223 Diese Art der Grabbeigaben konnte weder süd-
lich der Karawanken noch im Donauraum gefunden werden und kann deshalb
mit ihm eng zusammenarbeitende Salzburger Kirche. Heidnische Motive spielten hier offenbar
eine untergeordnete Rolle, da sie in der Conversio mit keinem Wort erwähnt werden.
215 Jahn, Ducatus 471 f.; Annales Iuvavenses maximi a. 772.
216 Wolfram, Conversio 94 f.
217 Wolfram, Grenzen und Räume 244 f.
218 Wolfram, Conversio 122 ff. und Salzburg, Bayern, Österreich 306 f., wo auch der Frage nachgegan-
gen wird, ob nicht die Einführung der Grafschaftsverfassung die Ursache und nicht die Folge des
Aufstandes war.
219 Moosleitner, Die Merowingerzeit 115.
220 Szameit, Zum archäologischen Bild der frühen Slawen 534.
221 Daim, Die Bayern 310 ff.
222 Szameit, Die Karantanen und Donauslawen 321 ; Gleirscher, Karantanien 118 ff.; Zur Gürtelgarnitur
als byzantinisches Statussymbol : Daim, Byzantine Belts 155 ff.
223 Gleirscher, Karantanien 122, Abbildung 141.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361