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Resümee 349
spielsweise die Vita des Severin : Sie beschreibt etwa für den Salzburger Raum des
endenden 5. Jh. ein tiefverwurzeltes Christentum, obwohl es dort bislang nur sehr
karge archäologische Funde gibt. Letztendlich ist die große geografische Nähe zu
dem so stark christianisierten Norditalien ebenfalls ein Argument für eine Christia-
nisierung auch der noch nicht durch Quellenbelege abgedeckten Alpentäler.
In den folgenden Jahrhunderten kam es in den ehemaligen römischen Provin-
zen zu einem tiefgehenden Strukturwandel der städtischen Zentren und den damit
verbundenen kirchlichen Einrichtungen. Auch in den Alpen können viele dieser
Entwicklungen verfolgt werden. Einige römische Städte der Alpen verschwanden
ganz : Octodurum, Aguntum, Teurnia und Virunum sind die bekanntesten Bei-
spiele. Der Vergleich mit anderen alpinen Orten zeigt, dass der Bischofssitz eines
Ortes ein wichtiger Faktor für den Fortbestand der antiken Stadt war und das
Verschwinden oder die Verlagerung dieser christlichen Einrichtung in den meisten
Fällen den Untergang der Stadt zur Folge hatte. Meistens blieb zumindest eine
Kirche am Platz der ehemaligen Stadt und des einstigen Bistumssitzes zurück.
Dass dies in den Ostalpen zwar bei Aguntum, nicht aber bei Teurnia der Fall ist,
dürfte auf die Salzburger Mission zurückgehen, die lieber den Neuanfang in einem
heidnisch-slawischen Land betonen wollte, als an alten Wurzeln anzuknüpfen.
Allerdings kommt es auch in den Westalpen vor, dass Stadt und Bischofskirche
komplett untergehen, beispielsweise in Cemenelum bei Nizza. Der Verfall eines
bischöflichen Zentrums alleine ist noch kein Zeichen für die Dechristianisierung
des Raumes.
Das Christentum konnte im frühen Mittelalter aber auch einen früher weniger
bedeutenden Ort zu einem bedeutenden machen. Beispiele dafür sind das in der
Spätantike kaum erwähnte Iuvavum, das unter dem Namen Salzburg Ende des 8.
Jh. ein mächtiges Zentrum des ostalpinen Christentums und weit darüber hinaus
wurde. Hier dürften wirtschaftliche und machtpolitische Interessen zusammenge-
spielt haben. Das oben schon erwähnte St. Jean de Maurienne wurde durch seine
Lage und die Reliquien ein wichtiges Pilgerzentrum. Neue Mittelpunkte in den
Alpen waren auch die großen Klöster, die vor allem der Zeit ab etwa 700 ent-
stammen. Die reichen und großen Konvente wurden alle entlang der wichtigen
Verkehrsrouten gegründet und meist mit zahlreichen Gütern in der Umgebung
aber auch in weiter entfernt gelegenen Tälern ausgestattet. Sie waren auch für die
Erhaltung der Wege sowie die Verpflegung der Reisenden verantwortlich. Kurz ge-
sagt, sie übernahmen viele Aspekte der römischen Wegpflege. Zusätzlich dienten
die Konvente der jeweiligen Herrschaft als wichtige Punkte zur Machtentfaltung.
Nicht zufällig liegen sehr viele der bedeutenden Alpenklöster zum Zeitpunkt ihrer
Gründung direkt an den Grenzen. Beispiele dafür sind St. Maurice d’Agaune (515.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361