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I. Einleitung
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gewinnen. In einem späteren Stadium der Untersuchung dienten die Gespräche dazu ,
die Plausibilität provisorischer Vermutungen mit berufenen Auskunftspersonen zu er-
örtern und Hinweise auf mögliche gegenläufige Indizien zu erhalten.
I.4.1 Forschungspraktische und quellenkritische Herausforderungen
So sehr burschenschaftliche Quellen wertvolle Einsichten zu vermitteln vermögen ,
so sehr sind doch auch ihre Beschränkungen zu beachten. Wenig überraschend wer-
den etwa politisch brisante Inhalte in vielen öffentlich zugänglichen Texten bewusst
ausgespart. Für die Burschenschaftlichen Blätter erklärte deren Schriftleiter Ernst Wil-
helm Wreden 1961 , nicht alles drucken zu können , was an ihn herangetragen werde.
„( G )ewisse Interna“ hätten auch intern zu bleiben , „( a )llzu große Offenheit könnte der
Sache der Burschenschaft nur schaden“.47 Die von Wreden exekutierte Unterbindung
von Debatten im Vorfeld des Burschentages 1977 ist bezeichnend für eine bis heute
geübte Haltung : Gerechtfertigt wurde sie damit , dass durch ihre Austragung im Ver-
bandsorgan „nur unseren Gegnern unnötig Munition geliefert werden würde“.48 Die
hier zum Ausdruck gelangende Neigung zur Geheimhaltung gerade von Kontrover-
sen ist bedeutsam , da sie die Identifizierung innerburschenschaftlicher Heterogenität
wesentlich erschwert und somit monolithischen Fremddarstellungen zuarbeitet ( vgl.
dazu auch Kapitel III.4.2 ). Dieser und anderen Herausforderungen der Arbeit mit bur-
schenschaftlichen Quellen sind die folgenden Seiten gewidmet.
Quellenzugang
Bereits der Vorgang der Materialaquise hält , zumal für ‚Außenstehende‘ , Hindernisse
bereit. Gehler weist darauf hin , dass Korporierte „ihre Geschichte ( … ) selbst schrei-
ben und zumeist aus ihrer Perspektive dargestellt sehen ( wollen ), wodurch der Zugang
für ( … ) nichtkorporierte Historiker zur Studentengeschichte und vor allem zu der der
47 BAK , DB 9 , C. IV.2 [ A1 ], Anlage zu den VaB-Mitteilungen Nr. 27 / 1961 ( Vorort Bremen ), Bericht des
BBl.-Schriftleiters zum DB-Altherrentag 1961 , 14. Wredens Rede von ‚der Burschenschaft‘ verweist auf
die historische Konzeption der einzelnen Bünde als lediglich lokale Niederlassungen der ideell einen ,
großen Burschenschaft ( im Sinne einer ‚burschenschaftlichen Bewegung‘ ): „Die Burschenschaft ist die
Gesamtheit der deutschen Burschenschaften , die aus der in Jena begründeten Burschenbewegung von
1815 hervorgegangen sind oder sich zu ihr bekennen“ ( AVSt , Deutsche Burschenschaft 1961 , 10 ).
48 Vgl. BAK , DB 9 , B. VI. Burschentage ( a ), Arbeitsunterlagen zum DB-Burschentag 1977 , 15. Im selben
Jahr brachte der Vorsitz der Vereinigung alter Burschenschafter ( VaB ) einen letztlich erfolglosen Antrag
ein , der die Verhandlungen auf Burschentagen grundsätzlich für nicht öffentlich erklärt hätte. Begrün-
det wurde der Vorstoß damit , dass die öffentliche Abhaltung angesichts kritischer Medien „dem Anse-
hen der Deutschen Burschenschaft nicht dienlich“ sei ( BAK , DB 9 , B. VI. Burschentage [ a ], Arbeitsun-
terlagen zum DB-Burschentag 1977 , 23 f. ).
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619