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III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich
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der Burschenschaftlichen Blätter , der Aula ( als Deutschland-Korrespondent unter dem
Pseudonym Felix Haen ) und anderer Periodika. Großes Ansehen in burschenschaft-
lichen Kreisen erwarb er sich auch durch Beteiligung an Auseinandersetzungen um das
‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ im Rahmen der DB und als Vermittler zwischen
österreichischen und ( moderaten ) deutschen Bünden.140
Bei der Wahrnehmung ihrer ideologische Kontinuität und Konformität verbürgen-
den Funktion kamen den Meinungsführern der burschenschaftliche Autoritarismus141
und Corpsgeist ebenso zugute wie das verbindungsstudentische Lebensbundprinzip
und , nicht zuletzt , die konservative Grundprägung burschenschaftlichen Denkens
in der Zweiten Republik : Anstelle des revolutionären Impetus der burschenschaft-
lichen Gründerzeit wurde spätestens 1945 das Festhalten an überbrachten Glaubens-
sätzen – insbesondere solchen , die in Widerspruch zum vielgeschmähten ‚Zeitgeist‘
zu stehen schienen – zum Wert an sich erhoben. Die Masse der geselligkeitsorien-
tierten Burschenschafter wiederum begünstigte die Effektivität burschenschaftlicher
Meinungsführerschaft durch ihre Nicht-Beteiligung an der innerburschenschaftlichen
Meinungsbildung.142 Informationshierarchien
– teils gefördert durch konspirative Vor-
gehensweisen ( vgl. Kapitel I.4.1 ) – und die daraus resultierenden Demokratiedefizite
im Inneren ( vgl. dazu ausführlich Abschnitt III.8.3 f. ) taten ein Übriges. Das Bestehen
solcher Hierarchien und Defizite , die daraus sich ergebende Gestaltungsmacht der in-
ternen Eliten ( hier : der Meinungsführer und der politischen Klasse unter Burschenschaf-
tern ) und Begleiterscheinungen wie Elitenselbstreproduktion , Demokratieentleerung
und verkümmernde Debattenkultur im Inneren sind Burschenschaften freilich nicht
spezifisch , sondern in vielen formal demokratischen Organisationen anzutreffen. Jene
Eigentümlichkeiten , die sehr wohl in der konkreten Ausformung und der Ursachen-
struktur dieser Phänomene feststellbar sind , finden in den Folgeabschnitten , insbeson-
dere in Abschnitt III.8 , ausführliche Behandlung.
III.2.4 Burschenschafter-Politiker
Wie festgestellt wurde , soll der einzelne Burschenschafter seinen politischen Auftrag
in allen Lebenslagen und ungeachtet seiner Profession erfüllen. Die Politik zum Beruf
140 Vgl. zu erstgenanntem Aspekt Libertas 1967 , 100 f., zu Wolmars Moderatorenfunktion vgl. ebd., 197
sowie BAK , DB 9 , E. 4 [ B1 ], ADC-Rundschreiben Nr. 4 ( Albia ) vom Jänner 1958 , 1–4.
141 So ist einem Nachruf auf Fritz Stüber ( Vandalia bzw. Gothia Wien ) aus der Feder eines Nicht-Bur-
schenschafters zu entnehmen , dass Stübers „bloßes Zugegensein“ in völkischen Kreisen meist genügt
habe , „um bestimmte Auffassungen durchzusetzen und Widersprüche zu beseitigen. ( … ) Man schloß
sich wohl oder übel seinen Auffassungen an und fügte sich.“ ( Eckartbote Nr. 9 / 1978 , 14 )
142 Vgl. dazu für die DB-Ebene BAK , DB 9 , B. VI., Burschentage ( a ), Arbeitsunterlagen zum DB-Bur-
schentag 1977 , 15.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619