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V. Burschenschaften und politische Parteien
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V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen
Die Liaison von völkischen Verbindungen und FPÖ wurde in Abschnitt V.2 bereits
als aus ideologischen Gründen ( Deutschtumsbekenntnis , Anti-Antinazismus , Gegner-
schaft zu Schwarz und Rot ) zwangsläufig bezeichnet. Vor dem Hintergrund des bis-
her Gesagten erscheint es nicht übertrieben , die Freiheitliche Partei als
– aus Korporier-
tensicht – parlamentarischen Arm des völkischen Verbindungswesens zu bezeichnen.
Diese Wahrnehmung hatte bezüglich des VdU noch nicht geherrscht : Nicht zuletzt
aufgrund der nicht- bis antinazistischen Vergangenheit seiner Gründer Herbert Kraus
und Viktor Reimann und der liberalen Agenda des Ersteren war man diesem mit ge-
höriger Skepsis begegnet. Auch parteipolitisches Engagement von Burschenschaftern
setzte damit erst nach Gründung der FPÖ auf breiterer Basis ein , während man sich
auf kollektiver Ebene ( als Bund oder Dachverband ) noch länger auf eine gewisse Min-
destdistanz bedacht zeigte.
Ebenfalls bereits erwähnt wurde , dass verbindungsstudentische Quellen dem Ver-
hältnis von Korporationen und FPÖ ( bzw. politischen Parteien insgesamt ) nur wenig
Raum widmen. So taucht in der umfangreichen Chronik der Aldanen
– just jener Ver-
bindung , die ab den 1970er-Jahren mehr hochrangige freiheitliche Kader hervorbrachte
als jede andere – die FPÖ nur an zwei Stellen und höchst beiläufig auf.328 Diese Aus-
lassung verwundert nicht nur angesichts der elementaren Bedeutung der FPÖ für die
öffentliche Wahrnehmbarkeit und Wirkmacht der Verbindungen , sondern auch aus
grundsätzlicheren Gründen : Für sich explizit als politisch definierende Organisati-
onen , wie es die Burschenschaften sind , erschiene im Kontext einer repräsentativen
Mehrparteiendemokratie das eigene Verhältnis zu bestehenden Parteien als nahelie-
gender Diskussionsgegenstand. Der Unabhängigkeitsgedanke , sowohl entsprechend
dem eigenen Selbstbild als auch dem Bild , das man nach außen lange Zeit zu vermit-
teln wünschte , verhinderte wohl kaum die Thematisierung dieser Frage , stand aber of-
fenbar zumindest der schriftlichen Dokumentation entsprechender Debatten entge-
gen. Wird im burschenschaftlichen Schrifttum die Frage der Parteilichkeit erörtert , so
zuallermeist im Modus der Verneinung.329 In den seltenen Ausnahmefällen
– und be-
vorzugt in internen Quellen
– wurde dagegen wenig Mühe darauf verwendet , den Ein-
druck einer Äquidistanz zu den politischen Parteien zu wahren. So vermerkt etwa die
328 Vgl. Aldania 1994 , 98 und 221. Selbst in nicht öffentlich zugänglichen Dokumenten wird bisweilen nur
verklausuliert von der FPÖ gesprochen – in Berkas konspirativ verbreiteter Denkschrift von 1964 fir-
miert sie etwa lediglich als „( d )ie politische Partei“ bzw. als „die politische Partei , die sich zum deut-
schen Volkstum bekennt“ ( PBW , Berka 1964 , 15 bzw. 13 ; vgl. ähnlich auch Libertas 1967 , 110 ).
329 Vgl. zum Unabhängigkeits-Motiv erneut Abschnitt V.2 sowie exemplarisch für die Leugnung jeglicher
Parteibindung AVSt , Deutsche Burschenschaft 1961 , 11 ; ad-times Nr. 33 / 1982 [ Oktober ], 8 ; DBÖ 1994 ,
25 ; F. Stefan 2009 , 9.
„ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“
- Untertitel
- Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945
- Autor
- Bernhard Weidinger
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2015
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79600-8
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 634
- Schlagwörter
- Burschenschaft, Studentenverbindung, Männerbund, Deutschnationalismus, Nationalismus, Rechtsextremismus, Konservatismus, Südtirol, Hochschulpolitik, VDU (Verband der Unabhängigen), FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs)
- Kategorien
- Geschichte Nach 1918
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung 11
- II. Nationalsozialismus und postnazistische Restauration 45
- II.1 Völkische Korporierte im (und für den) Nationalsozialismus 45
- II.2 Korporationen und ‚Entnazifizierung‘ 52
- II.3 Die Wiedererrichtung der Bünde 56
- II.4 Rückeroberung von Öffentlichkeit 71
- II.5 Burschenschaftliche Vergangenheitsbewältigung 80
- II.5.1 Die erste Bestandsaufnahme Günther Berkas (1950/51) 83
- II.5.2 Die Auseinandersetzung um das ‚burschenschaftliche Geschichtsbild‘ (ab 1956) 90
- II.5.3 Burschenschaftliche Gedenkpolitik 96
- Exkurs: Zur Spezifik burschenschaftlicher Vergangenheitsbewältigung in Österreich 107
- II.5.4 Die Feldpost-Anthologie der Oberösterreicher Germanen (1967) 110
- Exkurs: Die Sprache der Vergangenheit 112
- II.5.5 Generationenverhältnis zwischen Konflikt und Konformismus 114
- II.5.6 Vergangenheitsbewältigung um die Jahrtausendwende 124
- II.5.7 Schlussbetrachtungen 127
- III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 133
- III.1 Die Burschenschaften in Österreich als politische Vereinigungen 133
- III.2 Der burschenschaftliche Auftrag an den Einzelnen 150
- III.3 Burschenschaftliche Erziehung 164
- III.3.1 Der burschenschaftliche Erziehungsauftrag 164
- III.3.2 Ebenen und Orte burschenschaftlicher Erziehung 171
- III.3.3 Funktionen und Konsequenzen 177
- III.4 Politisch-ideologische Heterogenität und burschenschaftlicher Corpsgeist 181
- III.4.1 Meinungsvielfalt und -hegemonie 181
- Exkurs: Zur relativen Abweichung der Oberösterreicher Germanen 186
- III.4.2 Konflikt und Kontroversen 191
- III.4.3 Die Außenwahrnehmung: Burschenschaften als Monolith 201
- III.4.4 Ursachen und Folgen burschenschaftlicher ‚Geschlossenheit‘ 210
- III.5 Wandel und Beharrung 213
- III.5.1 Burschenschaften zwischen Avantgarde und Reaktion 214
- III.5.2 Die Restaurationsphase: weiter (fast) wie bisher 220
- III.5.3 Die 1960er-Jahre: Weckrufe und Reformanläufe 225
- III.5.4 Der Streit um die Ehrenordnung 229
- Exkurs: Das Duellwesen in Österreich nach 1945 232
- III.5.5 Die 1970er-Jahre: Aufbruchsstimmung und Backlash 233
- III.5.6 Gründe der Wandlungsresistenz 236
- III.6 Selbstbild: Gegen-Elite 249
- III.7 Völkischer Nationalismus als weltanschaulicher Angelpunkt 273
- III.8 Burschenschaften und Demokratie 302
- III.8.4 Der Einzelbund: ein ‚Parlament im Kleinen‘? 319
- III.8.5 Individuum und Kollektiv 326
- IV. Praxis burschenschaftlicher Politik 335
- IV.1 Burschenschaftliche Betätigung im politischen Sinn 335
- IV.2 Burschenschaftliche Betätigung im metapolitischen Sinn 355
- IV.2.1 Gegen ‚Zeitgeist‘ und ‚Umerziehung‘: Frühe burschenschaftliche Metapolitik 355
- IV.2.2 Wider die ‚österreichische Nation‘ 360
- IV.2.3 Gegen ‚Geschichtslügen‘: Burschenschaftliche Geschichtspolitik 365
- IV.2.4 Einsatz für ‚das Deutschtum‘: die ‚Volkstumspolitik‘ der Burschenschaften 374
- IV.2.5 ‚ Nach außen wirken‘: burschenschaftliche Publizistik und Öffentlichkeitsarbeit 377
- IV.2.6 ‚Neue Rechte‘ gegen ‚Neue Linke‘? 386
- IV.2.7 Rezeption der ‚Neuen Rechten‘ 399
- IV.2.8 Burschenschaftliche Metapolitik um die Jahrtausendwende 412
- IV.3 Burschenschaftliche Südtirol-Politik 416
- V. Burschenschaften und politische Parteien 443
- V.1 Völkische Korporationen als freiheitliche Kaderschmieden: eine statistische Annäherung 448
- V.2 Zur Überparteilichkeit des Burschenschaftswesens in Österreich 476
- V.3 Flügelkämpfe und Personaldebatten 489
- V.4 Programmatik und Policy-Ebene 511
- V.5 Parteienkooperation und Koalitionsoptionen 521
- V.6 Funktionen der FPÖ für die völkischen Korporationen 532
- V.7 Funktionen des völkischen Korporationswesens für die FPÖ 541
- V.8 Völkische Verbindungen und FPÖ: prekäre Interessengemeinschaft auf Gegenseitigkeit 550
- VI. Abschließende Überlegungen 557
- Anhang
- Literatur, publizierte Quellen, Chroniken und Festschriften 581
- Archive und Archivalien 603
- Verbindungsstudentische, völkische und freiheitliche Periodika 608
- Tabelle und Diagramme 609
- Zitierte eigene Interviews 609
- Abkürzungsverzeichnis 610
- Glossar: Organisationen, Organe, verbindungsstudentische Begriffe 612
- Personenregister 619