Seite - 326 - in „ IM NATIONALEN ABWEHRKAMPF DER GRENZLANDDEUTSCHEN“ - Akademische Burschenschaften und Politik in Österreich nach 1945

III. Burschenschaftliche Ideologie in Österreich 326 dieser als unhinterfragtes burschenschaftliches Organisationsprinzip gesellschaft liche Demokratisierungsprozesse bis heute überdauert  – auch auf der Werteebene ist eine entsprechende Kontinuität evident. Nach wie vor werden soldatisch-männliche Tu- genden wie Opferbereitschaft , Stand- und Wehrhaftigkeit beschworen und stehen diese in Konflikt mit den demokratischen Imperativen der Kompromissfähigkeit , des Nachgeben-Könnens und der friedlichen Konfliktaustragung. Der vordemokratisch legitimierte Führungsanspruch der männlichen Eliten ist und bleibt , zumal in Ver- knüpfung mit dem ebenfalls aufrechten Primat des Völkischen , nur prekär mit den elementaren Prämissen liberaler Demokratien in Einklang zu bringen ; dies ungeach- tet der Tatsache , dass , wie Carole Pateman nachgewiesen hat , auch Letztere ereignis- und ideengeschichtlich auf der Ausgrenzung von Frauen aus der öffentlichen Sphäre und ihrer Unterordnung unter Männer als eigentliche Subjekte des ‚Gesellschaftsver- trages‘ basieren.839 Folgt man Heithers Hypothese von der wechselseitigen Bedingung und Verstärkung von völkischem Nationalismus , Konservatismus in Fragen des studentischen Brauch- tums und männerbündischer Verfasstheit ( vgl. Abschnitt III.4.2 ), so ist der eben be- schriebene Konflikt im Fall der Burschenschaften in Österreich besonders virulent. Je ausgeprägter die traditionellen Formen des Brauchtums praktiziert und propagiert wer- den , desto ‚härter‘ erscheint der Virilitätshabitus , der sich in Vorstellungen von Männ- lichkeit und männerbündischer Besonderung am deutlichsten zeigt , und desto enger sind Verknüpfungen mit politischen Auffassungen , die als rechts oder gar rechtsextrem zu be- zeichnen sind.840 Vor diesem Hintergrund gilt unvermindert , dass „( e )ine Kritik am Korporationsunwe- sen , die sich nur an der dort kultivierten Weltanschauung abarbeitet“, nicht aber auch Aspekte wie das studentische Fechten und den Männerbund als „Strukturprinzip zur Herstellung einer bestimmten ( virilen oder heroischen ) Männlichkeit“ in die Analyse aufnimmt , unweigerlich „zu kurz ( greift )“.841 III.8.5 Individuum und Kollektiv Dass burschenschaftliche Weltsicht in Österreich im Unterschied zu liberalem Denken das Individuum der ( bündisch und völkisch bestimmten ) Gemeinschaft tendenziell un- terordnet , wurde bereits an mehreren Stellen ( v. a. in den Abschnitten III.3 bis III.5 ) argu- 839 Vgl. Pateman 1988. 840 Heither 2000 , 407. 841 Schiedel/Wollner 2009 , 104 ( Herv. i. O. ).