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Routen durch die Alpen 149
erste Erwähnung eines solchen Platzes in den Ostalpen überhaupt.185 Die Lage
direkt am Fuß des Radstädter Tauern verrät, dass spätestens ab diesem Zeitpunkt
wieder die römische Route begangen wurde. Das awarische Fanning liegt noch am
Ausgang des Weißpriachtales, also am Fuß des oben genannten Oberhüttensattels
neben dem Radstädter Tauern.
Der Weg über den Radstädter Tauern wurde im hohen Mittelalter, die „untere
Straße“ genannt, das Hochtor, auch Rauriser Tauern, war die „obere Straße“. Diese
führte von Heiligenblut zum 2.576 m hohen Hochtor und ging weiter Richtung
Rauris. Die Variante nach Fusch wurde zunächst wenig benutzt.186 Die Straße über
den Radstädter Tauern zweigte im Mittelalter vor allem nach Osten in das Murtal
und nach Unterkärnten ab. Der Weg über die Laußnitzhöhe bzw. den Katschberg
nach St. Peter im Holz/Teurnia wurde weniger begangen. Ein Zeichen dafür ist
die schon Mitte des 9. Jh. erwähnte Salzburgische Stadt Friesach.187 Hier bog ein
weiterer wichtiger Weg über den Neumarkter Sattel, Hohen Tauern und Pyhrn
nach Norden ab. Noch im 10. und 11. Jh. dürften jedenfalls die Kärntner Benedik-
tinerklöster entlang der alten Römerstraßen geplant worden sein.188
Die Wege über die Tauern haben wegen der ungenauen Bezeichnungen in den
Quellen oft zu Spekulationen und Mutmaßungen geführt. So nahm noch O. Abel
in seiner Edition der Langobardengeschichte des Paulus Diakonus an, dass das
antike Aguntum bei Innichen gelegen habe.189 Dieser Irrtum basiert auf zweierlei
Annahmen : Erstens war in der frühen Neuzeit aufgrund des Venedigerhandels
dieser Kreuzungspunkt weitaus wichtiger als die Wege über Aguntum/Lienz und
zweitens wurde hier automatisch auf eine Kontinuität von der antiken Stadt zu
einer frühmittelalterlichen, kirchlichen Institution geschlossen. Das Beispiel ver-
deutlicht, dass man ohne weitere Hinweise keine Analogieschlüsse machen kann.
Die Bedeutung des Radstädter Tauern im späten Mittelalter und in der Neu-
zeit brachte es mit sich, dass dieser Tauernpass oft auch für das frühe Mittelalter
als Hauptverbindungsweg angenommen wurde. Genauso wurde vermutet, dass
die frühe Gründung von Bischofshofen als Station auf dem Weg zum Radstädter
Tauern diente.190 Denn an der Lage der karolingischen Baureste kann man gut
185 Klein, Beiträge 412 ; MGH DD HII Nr. 33, S. 36.
186 Klein, Salzburg 279.
187 Ebd. 278.
188 Störmer, Engen und Pässe 100.
189 Abel, Geschichte der Langobarden 92.
190 Dies kann man beispielsweise an den Abbildungen in den meisten gängigen Werken zum Thema
erkennen. Dort stellen Karten der ostalpinen Passsysteme meistens eine direkte Verbindung von
Salzburg Richtung Süden über Bischofshofen dar, gleichzeitig wird im Text dargelegt, das Kloster
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Buch Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800"
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361