Seite - 156 - in Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Bild der Seite - 156 -
Text der Seite - 156 -
156 Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege
rerseits deuten Dinge wie das ostmediterrane Bronzegeschirr durchaus einen Fern-
handel mit Luxusgütern an.226
Deutliches Zeichen für die kulturellen Bindungen zwischen nördlichen Vor-
alpen und Oberitalien ist die Grabbeigabe von Goldblattkreuzen, die als Artefakte
vor Ort gefertigt wurden. Die Sitte kommt eindeutig aus dem italisch-langobardi-
schen Raum und zeugt daher von einem durch die Alpen gehenden kulturellen
Austausch im 7. Jh.227 Einen anderen deutlichen Hinweis auf die passüberschrei-
tenden Beziehungen östlich von Churrätien um das Jahr 500 ergibt sich aus der
Verbreitungskarte der sogenannten „Fibeln vom ostgotischen Typ“. Diese charak-
teristisch geformten Fibeln sagen wenig über die Herkunft des Trägers aus, zeigen
aber die Verbindung der Räume über die Alpen hinweg an. Es finden sich nämlich
Stücke im südlichen Etschtal, im Kanaltal, im Salzburger Raum, an der oberen
Save nördlich von Krain und nördlich von Graz an der Mur.228 All diese Beispiele
belegen einen lebendigen Verkehr über die Alpen, sodass, um mit R. Schneider
zu sprechen, der frühmittelalterliche Nah- und Fernhandel über die Alpen „[…]
vorauszusetzen und teilweise recht gut zu erkennen […]“ ist.229
Die Entwicklung von Genf zeigt, dass auch in der Zeit von 500–800 Städte vom
Handel profitieren konnten. Diese Stadt dürfte nicht nur wegen ihrer Stellung als
Hauptstadt des Burgunderreiches gerade in dieser Zeit so aufgeblüht sein, sondern
auch durch den Warenaustausch über den Großen St. Bernhard gewonnen haben.
Dass gerade Aguntum/Lavant Zeichen einer christlichen Kontinuität zeigt, ob-
wohl diese Siedlungskammer zu einem Reich gehörte, in dem das Heidentum vor-
herrschend war, kann ebenfalls auf eine gewisse Bedeutung des Handels deuten.
Denn die Einheimischen waren es, die wussten, wie der Transport und die Zölle
zu organisieren waren. Spätestens ab dem 8. Jh. dienten Klöster als Stützpunkte
entlang der Handelsrouten. Sie zeigen, dass diese Straßenverbindungen noch bzw.
wieder genutzt wurden und der Fernhandel über die Alpen durchaus ein gewisses
Volumen besaß.230
In der Vita des Corbinian von Arbeo von Freising, die im zweiten Drittel des
8. Jh. geschrieben wurde, erzählt der Bischof, wie der Leichnam des Corbinian
nach Baiern gebracht wurde. Er erwähnt einen portum aeni Fluminis bzw. ad amnem
Eni Portum. Damit war also ein Innhafen gemeint, der in Rosenheim lokalisiert
226 Christlein, Alamannen 88.
227 Menke, Alemannisch-italische Beziehungen 180 u. 337 ; Christlein, Alamannen 119 ; Schmid, Bay-
ern und Italien 64.
228 Menke, Alemannisch-italische Beziehungen 220.
229 Schneider, Fränkische Alpenpolitik 42.
230 Störmer, Fernstraße und Kloster 306 und 343 und Kapitel „Klöster in den Alpen“ ab S. 219.
zurück zum
Buch Die Alpen im Frühmittelalter - Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800"
Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361