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schers zeugen zahlreiche Funde von der Römerzeit, die jedoch ab der Völkerwan-
derungszeit verschwanden. Ab dem 7. Jh. gibt es dann wieder Hinweise auf Be-
siedlung.578 Im heutigen Slowenien gab es in den Steiner/Kammniker Alpen und
Karawanken eine blühende spätantike Almwirtschaft (4.–6. Jh.). Vermutlich befand
sich alle zwei Wegstunden eine Alm, die Wohnstätten selbst scheinen nur tempo-
rär gewesen zu sein. Die römischen Siedlungsfunde liegen hier zwischen 1.650 m
und 1.850 m Höhe, sie stehen wohl in Beziehung zu einer etwa 6–10 km von den
Almen entfernten, spätantiken, befestigten Siedlung im Tal. Es gibt zahlreiche Ke-
ramikbruchstücke, Fibeln und Schleifsteine, aber keine Reste von Gebäuden. Erst
ab dem 6./7. Jh., zeitgleich mit der Eroberung der Slawen, finden sich dort keine
datierbaren Überreste mehr.579 Eine durchgehende Nutzung der Hochweiden be-
legen Pollenanalysen für die Almen um den Bockhartsee bei Gastein. Diese zeigen
einen Anstieg der Werte in den Jahren 800 bis 1200.580 Hier gibt es gute Gründe
anzunehmen, dass durchgehend Bodenschätze gewonnen wurden,581 die Almen
wurden daher vielleicht primär zu Versorgung der Arbeiter genutzt.
In der Schweiz hat die Archäologie der Almen schon lange Tradition. Die zahl-
reichen Reste von Trockenmauern in den Höhen zwischen 1.600 und 2.500 m mo-
tivierten schon Forscher des 19. Jh., sich darüber Gedanken zu machen : Sie nah-
men an, dass diese Mauern aus prähistorischer Zeit stammten. Doch erst im 20. Jh.
wurde versucht, diese Funde zu datieren. Es stellte sich heraus, dass die untersuch-
ten Wüstungsplätze frühestens aus karolingischer Zeit ab dem 9. Jh. stammten.
Dies deckt sich mit den pollenanalytischen Untersuchungen, nach denen hier erst
im 9. und 10. Jh. an der alpinen Waldgrenze großräumig (brand-)gerodet wurde,
um Platz für Almen zu schaffen.582 Andere Funde an Bergweiden deuten eine viel
ältere Nutzung an, obwohl diese in den meisten Fällen nicht genauer datiert werden
können. Zahlreiche Almen im Kanton Uri tragen vorromanische und romanische
Namen, was ebenso auf einen Gebrauch der Hochweiden schon in frühester Zeit
hinweist,583 obwohl das Gebiet dieses Kantons in römischer Zeit und im Frühmit-
telalter nicht stark besiedelt war.584 Im 7. und 8. Jh. kam es zu den ersten Impulsen
für die Entwicklung der mittelalterlichen Almwirtschaft, beispielsweise durch den
vermehrten Einsatz von Brandrodung, die unter anderem durch zahlreiche Flurna-
578 Mandl, Dachstein 52 ff. und Almen 141 ; Gleirscher, Zum Nachweis römischer Almhütten 23 ff.
579 Horvat, Archäologische Zeugnisse 124 ff.
580 Kral, Pollenuntersuchungen 208.
581 Siehe Kapitel „Erze“ auf S. 168 f.
582 Burga (Hg.), Vegetation und Klima der Schweiz 772 ; Meyer, Heidenhüttli 364.
583 Stadler-Planzer, Geschichte des Landes Uri 63.
584 Ammann, Historischer Atlas der Schweiz 6 u. 10.
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Die Alpen im Frühmittelalter
Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Alpen im Frühmittelalter
- Untertitel
- Die Geschichte eines Raumes in den Jahren 500 bis 800
- Autor
- Katharina Winckler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78769-3
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 426
- Schlagwörter
- Alps, Transformation of the Roman World, Early middle Ages, Culture, Economy, Power Structures
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute Bergbücher
Inhaltsverzeichnis
- 1: Einleitung 9
- 2 : Naturraum Alpen 22
- Begriffsdefinitionen 22
- Geologie 25
- Böden 27
- Wasser 28
- Naturkatastrophen 30
- Vegetationszonen 32
- Fauna 35
- Einstige Fauna und Flora der Alpen 36
- Das Klima in den Alpen : Gegenwart und Vergangenheit 38
- Das Gebirgsklima 39
- Lokale Faktoren 40
- Trockenes Klima der inneralpinen Täler 44
- Feuchtes Klima der Gebirgsrandlagen 46
- Zusatz : Klimatabelle ausgewählter Orte 48
- Das Klima des Frühmittelalters 49
- Globale Klimarekonstruktion 50
- Das frühmittelalterliche Klima in den Alpen 52
- Auswirkungen auf den Menschen 55
- Zusammenfassung 60
- 3 : Der Zugriff auf die Alpen und Blick von außen 62
- Die Alpen als Grenze 62
- Die Alpen als Mauern Italiens : Literarisches Bild und Realität 62
- Gotenkriege und Franken in den Alpen 72
- Karolinger und Ausblick 81
- Grenzen in den Alpen 83
- Konzept 83
- Grenzorganisation in den Alpen 87
- Bergwächter und militante Einheimische 87
- Befestigungen 90
- Slawisch-Awarische Grenzstrukturen Wahrnehmung der Alpen im Frühmittelalter : Furchtbares Gebirge, von den 95
- Römern bis Heinrich IV 100
- Zusammenfassung 110
- 4 : Über die Alpen : Kommunikation und Verkehrswege 114
- 5 : Menschen in den Alpen 172
- Christentum 172
- Entwicklung des Christentums in den Alpen 173
- Spätantikes und frühmittelalterliches Heidentum 182
- Patrozinien Die alpinen Kirchenprovinzen vom 6. bis zum 8. Jahrhundert : Fluktuation, 184
- Neuorientierung, Untergang 187
- Lokale christliche Topografie im Wandel 193
- Das Christentum in den nördlichen Voralpen –
- Neugründung oder Kontinuität ? 203
- Das Christentum in den Ostalpen – Gekappte Wurzeln ? 207
- Ausblick : Das Christentum im Alpenraum unter den Karolingern 217
- Klöster in den Alpen 219
- Westalpen 223
- Zentralalpen 224
- Alemannisches und bairisches Voralpenland 228
- Ostalpen 230
- Besiedlung 235
- Zentren 236
- „Stadt“ : Konzept und Begriffe 236
- Evolution der Städtischen Zentren im frühen Mittelalter 239
- Höhensiedlungen und Burgen 249
- Ländliche Siedlungen und Gutshöfe 254
- Wohnen im Frühmittelalter 259
- Siedlung : Lage und Versorgung 262
- Besiedlungsdichte 265
- Wirtschaft 268
- Alm- und Viehwirtschaft 271
- Ackerbau 279
- „Einöde“ : Sumpf, Wald, Hochgebirge 282
- Bevölkerung 284
- Migration 285
- Zusammenfassung 294
- 6 : Lokale Macht und Herrschaft in den Alpen 299
- 7 : Resümee 344
- 8 : Abbildungen 353
- 9 : Literaturverzeichnis 361